Die Reaktionen der siegreichen Befürworter des Covid-Gesetzes und jene der unterlegenen Gegner deuten nicht darauf hin, dass sich die Gräben schliessen lassen.
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Die Mehrheit der Stimmbevölkerung hat deutlich Ja gestimmt zum geänderten Covid-19-Gesetz. Damit bleibt auch die Grundlage für das Covid-Zertifikat bestehen. (Symbolbild) - sda - KEYSTONE/CHRISTIAN BEUTLER
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Das Wichtigste in Kürze

  • Das Schweizer Stimmvolk hat das Covid-19-Gesetz am heutigen Sonntag angenommen.
  • Die Gewinner freuen sich darüber, die Verlierer sind eingeschüchtert.
  • Ob sich die Gräber zwischen den beiden Lagern schliessen lassen, ist unklar.

Die Reaktionen der siegreichen Befürworter des Covid-Gesetzes und jene der unterlegenen Gegner deuten nicht darauf hin, dass sich die Gräben zwischen den Lagern so rasch wieder schliessen lassen. Die Gewinner sprechen von einem Vertrauensbeweis aus Vernunft, die Verlierer von einer Irreführung.

«Mass-Voll» will weiter kämpfen

So erwarten etwa die Grünen nach dem «pragmatischen und enorm wichtigen Ja» von den Gegnern des Gesetzes, dass diese das demokratische Ergebnis akzeptieren und «dazu beitragen, dass die Schweiz zu einer gesunden Diskussionskultur zurückfindet». Auch die FDP hofft, dass «künftig wieder konstruktive Ansätze die Debatte prägen».

Es sei zu hoffen, dass diejenigen, die sich als selbsternannte Freunde der Verfassung in Szene gesetzt hätten, sich «nun auch als Freunde der direkten Demokratie erweisen und das Abstimmungsergebnis akzeptieren», hieben die Freidenker in die gleiche Kerbe. Sie hatten in Anlehnung an die gegnerischen «Freiheitstrychler» mit dem «Freiheitsimpfler» für ein Ja zum Gesetz geworben.

Es dürfte zumindest mit einem Teil der Verlierer nicht einfach werden. So machte die «Mass-Voll»-Bewegung um das Luzerner Aushängeschild Nicolas Rimoldi unmissverständlich klar, dass für sie das Ergebnis der Abstimmung zum Covid-Gesetz aufgrund der «beispiellosen und massiven Unregelmässigkeiten nicht legitim und für uns nicht bindend» sei.

Lockdown war entscheidendes Argument

Auch Josef Ender, Sprecher des unterlegenen Nein-Komitees «Gefährliche Covid-Verschärfung», will zwar das Verdikt «wohl oder übel akzeptieren». Das Ja des Stimmvolkes ändere indes nichts daran, dass das Gesetz gegen mehr als zehn Artikel in der Bundesverfassung verstosse. Das Komitee will am kommenden Dienstag nach einer Analyse des Resultates an einer Medienorientierung über das weitere Vorgehen informieren.

Als einzige Partei hatte sich die SVP für ein Nein zur Vorlage starkgemacht. Für die Aargauer Nationalrätin Martina Bircher war ein drohender Lockdown im Fall eines Neins der Hauptgrund für die Zustimmung zum Covid-Gesetz. Die SVP werde sich in der am Montag beginnenden Wintersession vehement gegen eine weitere Ausweitung der Einschränkungen durch das Zertifikat einsetzen.

Verlierer und Gewinner warfen einander nach Feststehen des Ergebnisses Desinformation und Manipulation vor. Eine deutliche Mehrheit sei «offensichtlich immun gegenüber allen Versuchen der Desinformation und Manipulation der Massnahmengegner», schrieb etwa die Ja-Kampagne der Zivilgesellschaft für das Covid-Gesetz. Auch die SP verurteilte die «irreführende Kampagne der Gegnerseite», die mit «Drohungen und Aufrufen zu Gewalt zahlreiche rote Linien überschritten hat».

Wirtschaft, Sport und Kultur sind zufrieden

Rimoldis Mass-Voll und das Nein-Komitee wiederum kritisierten namentlich die «manipulative und offensichtlich irreführende Fragestellung auf dem Abstimmungszettel», eine Diffamierung der «Impfgegner» und die Behinderung durch die Behörden und Medien.

Für die erneut klar siegreichen Befürworter ist klar, dass die Zustimmung zum Covid-Gesetz «der schnellste Weg zurück in die Normalität ist», wie die FDP schreibt. Für die SP ist es der «gemeinsame, vernünftige Ausweg aus der Pandemie». Für die Grünliberalen ist das Covid-Zertifikat ein «wichtiger Schlüssel für einen sicheren Ausstieg aus der Pandemie».

Die Bevölkerung stehe weiterhin klar hinter den Massnahmen, die von Bundesrat und Parlament beschlossen wurden, würdigte die Mitte-Partei das Verdikt des Stimmvolkes. Es gehe nun darum, einen guten Mittelweg zu finden in der Bekämpfung des Virus und seinen negativen Auswirkungen auf die Gesellschaft.

Auch Wirtschaft, Sport und Kultur zeigten sich zufrieden. Economiesuisse-Direktorin Monika Rühl sprach von einem Vertrauensbeweis für die schweizerische Coronapolitik. Gegenüber einer Ausweitung der Zertifikatspflicht in Richtung 2G (genesen oder geimpft) zeigte sich Rühl grundsätzlich skeptisch. In keiner Art und Weise zielführend seien für Economiesuisse weitere Lockdowns. «Da sind wir strikt dagegen.»

Swiss Olympic will 3G beibehalten

Auch der Arbeitgeberverband- und der Gewerbeverband (SGB) begrüssten den Entscheid des Stimmvolkes. Der SGB erinnerte daran, dass die gesetzliche Grundlage befristet sei und forderte den Bundesrat auf, eine massvolle und evidenzbasierte Politik zu betreiben. Für den Arbeitgeberverband liegt es nun am Bundesrat, «die Wogen zu glätten und eine verhältnismässige Politik weiterzuführen».

Wie der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) und der Arbeitnehmenden-Dachverband Travailsuisse sind die Wirtschaftsverbände froh, dass die Wirtschafts- und Finanzhilfen weitergeführt werden können. Nach dem erneuten klaren Ja erwartet die Taskforce Culture nun vom Parlament in der Wintersession die unveränderte Verlängerung der Entschädigungsmassnahmen und des Schutzschirmes für den Kultursektor.

Der Dachverband Swiss Olympic sprach sich für die Beibehaltung der 3G-Regel für den Sport aus und forderte seine 110 Mitgliedsverbände auf, an Sportanlässen das Tragen einer Schutzmaske für alle Anwesenden, ausser die aktiven Sportlerinnen und Sportler, einzufordern.

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