Coronavirus: Bürgerliche wollen offene Geschäfte am 1. Mai
Das Wichtigste in Kürze
- Der Erste Mai ist in diesem Jahr im Kanton Thurgau kein Feiertag.
- Geschäfte sollen ihre Defizite auch am übernächsten Freitag aufholen können.
- Das Beispiel erntet Zustimmung auf der einen und Kritik auf der anderen Seite.
Zum 130. Mal begeht die Schweiz in einer Woche den 1. Mai, den «Tag der Arbeit». Die gewerkschaftlichen Demonstrationen für faire Arbeitsbedingungen entwickelten sich seit 1890 zum Schwerpunkt der Erstmai-Feiern.
Während Arbeiter in den ersten Jahren noch Sanktionen fürchten mussten, wurde schon bald ein unbezahlter Freitag gewährt. Allerdings nicht überall. Der Erste Mai ist nur in den Kantonen Basel-Land, Basel-Stadt, Jura, Neuenburg, Schaffhausen, Zürich und Thurgau ein gesetzlicher Feiertag.
Thurgau mach am Ersten Mai nicht blau
Letzterer setzt in diesem Jahr allerdings aus. Nach dem mehrwöchigen Corona-Lockdown und den damit verbundenen Einnahmeverlusten bestehe für viele Geschäfte und Dienstleister das Bedürfnis, auch am 1. Mai arbeiten zu können. Das Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Thurgau hat daher entschieden, den Feiertag in diesem Jahr aufzuheben.
Die Ausnahmeregelung gilt ausschliesslich für Betriebe, die vom Bundesrat ab dem 27. April die Bewilligung zum Wiederbetrieb ihrer Geschäfte erhalten haben: Gärtnereien, Blumenläden, Bau- und Gartenfachmärkte sowie personenbezogene Dienstleistungsbetriebe mit Körperkontakt wie medizinische Massagen, Tattoo- und Kosmetikstudios, Coiffeure, Zahnärzte und Physiotherapeuten.
Gewerbe soll Defizite aufholen können
Der St.Galler FDP-Nationalrat Marcel Dobler betont, dass es für viele Firmen aktuell um ihre Existenz gehe. Es sei daher wichtig, dass sie nun arbeiten können, unabhängig von Entlastungen über Löhne, Mieten oder Kredite.
«Da diese Firmen vom 16. März bis 27. April ein Vertriebsverbot hatten und damit in Zwangsferien waren, sehe ich es als pragmatische Hilfe für diese Firmen eine Ausnahme zu schaffen. Ich unterstütze daher als Ausnahme nach eigenem Ermessen am 1. Mai zu arbeiten.»
Auch Sandra Sollberger, SVP-Nationalrätin aus dem Baselland, findet: «Es wäre ein Zeichen des guten Willens und einer pragmatischen Politik, dem Gewerbe mit dieser Ausnahmeregelung entgegen zu kommen.»
Besondere Umstände würden nach besonderen Massnahmen verlangen, so die Malermeisterin. Jetzt sei nicht die Zeit für Dogmatik und starre Strukturen, sondern für unkomplizierte Lösungen.
«Diese Geschäfte mussten zwangsweise geschlossen bleiben. Es wäre ein kleiner Ausgleich, diesen nun ausnahmsweise am 1. Mai das Arbeiten zu erlauben. Schliesslich ist das der Tag der Arbeit!» Sie hofft diesbezüglich, dass sich der Kanton Baselland am Thurgau ein Beispiel nimmt.
Kampf für Arbeiter-Rechte wichtiger denn je
Ganz anders sieht das Ronja Jansen. «Die arbeitende Bevölkerung hat trotz der Corona-Krise das Recht auf einen freien 1. Mai. In dieser Zeit, in der Tausende drohen, ihren Job zu verlieren, ist der Kampf für die Rechte der Arbeitenden wichtiger denn je», so die Juso-Chefin.
Sie wolle sich am Tag der Arbeit etwa für anständige Arbeitsbedingungen für Pflegerinnen einsetzen. «Selbständige und KMU-Besitzende können am 1. Mai gerne selber arbeiten und ihre Geschäfte öffnen.»