Am 7. März entscheidet die Schweiz über ein Burkaverbot. Die Meinungen sind nur oberflächlich gemacht, sagt Politologe Claude Longchamp. Das Rennen ist offen.
Politologe Claude Longchamp im Gespräch mit Nau.ch über die bevorstehende Burkaverbotsinitiative. - Nau.ch
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Initiative für ein nationales Verhüllungsverbot kommt am 7. März an die Urne.
  • Politologe Claude Longchamp erklärt im Nau.ch-Talk die Ausgangslage.
  • Der Ausgang ist offen, obwohl Umfragen stets ein klares Ja voraussagen.

Die Schlacht um die Konzernverantwortungsinitiative ist geschlagen. Doch schon steht der nächste Grosskampf an der Urne bevor. Am 7. März entscheidet die Schweizer Stimmbevölkerung über ein nationales Verhüllungsverbot.

Im Visier haben die Initianten des SVP-nahen «Egerkinger Komitees» dabei natürlich die Burka. Seit Jahren wird über ein Verbot von Geschichtsschleiern gestritten, die Kantone Tessin und St. Gallen haben ein solches schon länger eingeführt.

Burkaverbot Abstimmung
Gilt in der Schweiz bald ein landesweites Burkaverbot? Darüber entscheidet die Stimmbevölkerung am 7. März 2021. - keystone

Konkret verlangt der Initiativtext, dass an öffentlich zugänglichen Orten niemand sein Gesicht verhüllen darf. Ausserdem dürfe niemand aufgrund des Geschlechts zum Tragen einer Gesichtsverhüllung gezwungen werden.

Claude Longchamp: Das Rennen ist offen

Gemäss Umfragen hat die Initiative gute Chancen. Doch das Rennen sei noch lange nicht gelaufen, sagt Politologe Claude Longchamp im Nau.ch-Talk. «Die Meinungen sind nur oberflächlich gemacht», ist er überzeugt.

Das Klima rund um den Islam sei heute entspannter als vor einigen Jahren, auch technische Argumente würden mittlerweile Gehör finden. «Es gibt ein subjektives Problem mit dem Islam, objektiv ist es nicht wirklich gross.»

Islam Schweiz Debatte Burkaverbot
Die Islam-Debatte verläuft nicht mehr so gehässig wie vor einigen Jahren, sagt Politologe Claude Longchamp. - dpa

Longchamp verweist darauf, dass die Zahl der Muslime im Land massiv überschätzt werde. Hinzu komme, dass es in der Schweiz kaum Burka-Trägerinnen gebe. Damit drängt sich ein Vergleich auf mit der Minarett-Abstimmung im Jahr 2009. Ein Verbot wurde gutgeheissen, obwohl im Land nur vier Minarette existierten.

Parallelen zur Minarett-Abstimmung?

«Damals wurde im Abstimmungskampf ein Vulkan gezündet», sagt der Politologe. Das Thema sei für die Schweiz damals neu gewesen. Das sei heute anders, die Einwände würden umgehend diskutiert. Deshalb könne «genau das Gegenteil passieren» wie im Jahr 2009. Als Referenz dazu nennt Longchamp die Durchsetzungsinitiative, welche im Abstimmungskampf 2016 massiv an Zustimmung verlor.

Sicher ist: Mit dem Egerkinger Komitee steht der gleiche Absender wie damals hinter der Verhüllungsverbotsinitiative. Präsent sein dürfte vor allem der Solothurner SVP-Nationalrat Walter Wobmann.

Walter Wobmann Burkaverbot
Nationalrat Walter Wobmann ist Mitglied des Egerkinger Komitees, welches sich für ein nationales Burkaverbot einsetzt. - Keystone

Für die Befürworter wird entscheidend sein, wie stark sich die SVP selbst engagiert. Diese sei heute weniger gut aufgestellt als noch 2009. Hinzu komme, dass die aktuelle Corona-Situation und das Referendum gegen das CO2-Gesetz für die Sünneli-Partei wohl Priorität habe.

Wie viele bürgerliche kippen ins Ja-Lager?

Im Lager der Gegner dürften vor allem Justizministerin Karin Keller-Sutter und Vertreter der Kantone die Diskussion prägen. Eines ihrer Kernargumente: Es handle sich um die Kompetenz der Kantone und Kleidervorschriften gehörten nicht in die Bundesverfassung.

Justizministerin Karin Keller-Sutter sprach bereits vor einiger Zeit über die Burkaverbotsinitiative und den Gegenentwurf dazu. - Nau

Diese technokratischen Punkte dürften aber den emotionalen Ja-Argumenten wie jenes der unterdrückten Frau nicht standhalten, glaubt Longchamp. Einspringen könnte die Operation Libero, welche bereits eine eigene Webseite für die Kampagne aufgeschaltet hat.

Claude Longchamp Burkaverbot Talk
Politologe Claude Longchamp wagt im Gespräch mit Nau.ch eine Vorschau auf den Abstimmungskampf zur Burkaverbotsinitiative. - Nau.ch

Entscheidend dürfte sein, ob und inwiefern sich bürgerliche Politiker ausserhalb der SVP ins Ja-Lager schlagen, so Longchamp. Auch Ja-Parolen von kantonalen CVP-Sektion dürften den Befürwortern Auftrieb verleihen. «Insgesamt ist das Rennen wirklich offen», sagt der Politologe.

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