Bürgerliche Allianz im Nationalrat will mehr Waffenexporte zulassen
Schweizer Rüstungsbetriebe sollen künftig auch Kriegsmaterial an Länder liefern können, die sich in einem bewaffneten Konflikt befinden.

Das Wichtigste in Kürze
- Der Nationalrat hiess mehrere Lockerungen des Kriegsmaterialgesetzes gut.
- Selbst wenn Länder in einen Krieg verwickelt sind, soll die Schweiz sie beliefern dürfen.
- Die Linke will das Referendum gegen diese Entscheidung ergreifen.
Auch die Weitergabe von Waffen soll grundsätzlich möglich sein. Das hat der Nationalrat beschlossen. Die Ratslinke ist empört.
Mit 120 zu 63 Stimmen bei 12 Enthaltungen hiess die grosse Kammer am Dienstag mehrere Lockerungen des Kriegsmaterialgesetzes in der Gesamtabstimmung gut.
Ausgearbeitet hatte diese eine Allianz von SVP, Mitte und FDP in der Sicherheitspolitischen Kommission (SIK-N). Die gleiche bürgerliche Mehrheit im Rat übernahm nun die Vorschläge der Kommission.
Beim Kauf von Rüstungsgütern in der Schweiz soll eine Gruppe von 25 westlichen Ländern deutlich mehr Freiheit haben als heute. Selbst wenn sie in einen Krieg verwickelt sind, soll die Schweiz diese Länder beliefern dürfen.
Ausgeschlossen sein sollen nur Lieferungen in Länder, die Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzen. Und der Bundesrat soll ein Vetorecht erhalten – zum Beispiel, wenn er die Neutralität gefährdet sieht.

Auch bei der Wiederausfuhr von Waffen sollen mildere Regeln gelten. Im Grundsatz sollen alle Länder künftig in der Schweiz gekaufte Rüstungsgüter frei weitergeben können.
Allerdings kann der Bundesrat auch hier eine Garantie verlangen, dass das Rüstungsmaterial im Käuferland bleibt. Immer dann, wenn er Bedenken hat wegen der Neutralität oder den aussen- und sicherheitspolitischen Interessen der Schweiz.
Bürgerliche argumentieren mit Verteidigungsfähigkeit
Die Befürwortenden führten als Hauptgrund für die geplanten Lockerungen sicherheitspolitische Überlegungen ins Feld. Thomas Hurter (SVP/SH) argumentierte, dass mit der «Lex Verteidigungsfähigkeit» die Schweizer Armee gestärkt werde.
Es brauche eine funktionierende Rüstungsindustrie. Heute würden viele Staaten Schweizer Rüstungsfirmen meiden.

Die Schweiz habe in den vergangenen drei Jahren einen Teil ihrer unverzichtbaren Rüstungsindustrie, wertvolles Knowhow und unzählige Arbeitsplätze verloren, hielt Heinz Theiler (FDP/SZ) fest. Bei der neuen Regelung gehe es nicht um blinde Exporte, sondern um die Wahrung der bewaffneten Neutralität.
«Eine heimische Rüstungsindustrie kann nur existieren, wenn sie auch exportieren kann, namentlich in unsere Nachbarstaaten, in Staaten, die mit uns befreundet sind, und in Staaten, die ein ähnliches Exportkontrollregime wie wir kennen», sagte Reto Nause (Mitte/BE). Heute sei das Schweizer Kriegsmaterialgesetz das restriktivste in Europa.
Linkes Bündnis will Lockerungen bekämpfen
Während die Bürgerlichen der kriselnden Schweizer Rüstungsindustrie helfen wollen, sieht die Linke rote Linien überschritten. Die Lockerung der Waffenexportregeln verletze Neutralitätsrecht, machten Vertreterinnen und Vertreter von SP und Grünen in der grossen Kammer geltend. Die Vorlage gefährde die Glaubwürdigkeit der Schweiz.
In Zukunft wären direkte und indirekte Exporte von Waffen auch in Länder möglich, die sich im Bürgerkrieg befinden, kritisierten die Gegnerinnen und Gegner. Ebenso möglich wären Weitergaben an Unrechtsstaaten, in denen schwere Menschenrechtsverletzungen begangen werden und welche Waffen gegen die eigene Bevölkerung einsetzen.

Gleichzeitig wäre es weiterhin verboten, Waffen in die Ukraine zu liefern, obwohl die Revision ursprünglich mit dem russischen Angriff auf die Ukraine begründet worden sei. «Es geht hier um eine 'Lex Rüstungsindustrie', die der Ukraine nicht hilft», sagte Balthasar Glättli (Grüne/ZH).
Die Regelung stehe im Widerspruch zu den aussen- und sicherheitspolitischen Interessen der Schweiz und schade der Förderung von Frieden und den Menschenrechten. Priska Seiler Graf (SP/ZH) kündigte bereits an, dass ein breites linkes Bündnis das Referendum gegen die Aufweichung des Kriegsmaterialgesetzes ergreifen werde.
Zuerst geht die Vorlage noch einmal zurück an den Ständerat.












