Der Bundesrat ergreift vorerst keine Massnahmen. Die Kantone sollen eigenständig Massnahmen verschärfen. Das sorgt für Unverständnis.
Bundesrat Massnahmen Weihnachtsmarkt
Personen am Eingang eines Weihnachtmarktes lassen ihr Zertifikat kontrollieren. Der Bundesrat ergreift trotz kritischer Corona-Lage keine Massnahmen. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Bundesrat ergreift keine neuen Massnahmen, wie er heute mitteilt.
  • Stattdessen sollen die Kantone eigenständig über Regeln entscheiden, so die Idee.
  • Die Lage sei aber für diesen Nicht-Entscheid zu ernst, kritisieren viele.

Obwohl sich die epidemiologische Lage hierzulande verschärft, belässt es der Bundesrat bei den aktuellen Massnahmen. Die Kantone sollen notwendige Massnahmen ergreifen, heisst es heute an der Medienkonferenz. Grund hierfür seien die regionalen Unterschiede, Ziel sei nach wie vor den Schutz des Gesundheitssystems.

Alain Berset Coronavirus
Bundesrat Alain Berset spricht an einer Medienkonferenz, am Mittwoch, 24. November 2021, in Bern. - Keystone

Die Kantone haben diese Woche jedoch inständig landesweite Massnahmen gefordert. Ein Flickenteppich an Massnahmen soll vermieden werden, denn ein solcher stosse bei der Bevölkerung nicht auf Verständnis.

«Bundesrat schiebt Verantwortung ab»

Grünen-Präsident Balthasar Glättli erklärt auf Anfrage: «Die Fallzahlen und die Belastung der Spitäler steigen in der ganzen Schweiz stark an. Der Bundesrat hätte Massnahmen in die Wege leiten können, um diese Entwicklung zu brechen.»

Glättli Covid-19-Gesetz Grüne
Balthasar Glättli, Präsident der Grünen und Nationalrat (ZH). - Keystone

Wenn der Bundesrat die Verantwortung an die Kantone abschiebe, werde die Ausbreitung des Virus nicht verhindert. Was aber gegen die Ausbreitung des Coronavirus helfen könnte, sei eine Wieder-Einführung der Gratis-Tests. Das fordert beispielsweise die SVP in einem Communiqué, aber auch zwei Parlaments-Kommissionen.

Optimistisch bleibt aber SP-Nationalrätin Flavia Wasserfallen (BE): «Jetzt sind die Kantone gefordert», sagt sie. Diese müssten, wenn es die Lage erfordere, die Maskenpflicht ausweiten oder gar die Zertifikatspflicht.

Flavia Wasserfallen SP Nationalrat
Flavia Wasserfallen (SP/BE) im Nationalratssaal während der Herbstsession 2021. - Keystone

Wasserfallen fügt hinzu: «Ich erwarte ausserdem, dass dringend die repetitiven Tests an den Schulen durchgeführt und wo nötig die Maskenpflicht wieder eingeführt werden.» In den Schulen verbreite sich das Virus rasch, habe sich gezeigt.

Einzig Ruth Humbel (Mitte), Präsidentin der Gesundheitskommission im Nationalrat, findet den Entscheid «nachvollziehbar». «Die Situation bezüglich Impfquote und Ansteckungen ist sehr unterschiedlich und es gibt da einen Zusammenhang. Die Kantone müssen entsprechend handeln», sagt die Aargauerin.

Ruth Humbel
Ruth Humbel (Mitte/AG) spricht im Nationalrat, März 2021. - Keystone

Auch sie fordert vermehrtes Testen in den Schulen: «Damit könnten indes Ansteckungsketten früh erkannt und unterbrochen werden.» Vom Bund erwartet sie aber ein «Eskalationsszenario», in welchem ab einem Besetzungsgrad der IPS nationale Massnahmen verhängt würden.

Kantonaler Flickenteppich kommt bei Bevölkerung nicht gut an

Auf Anfrage reagiert die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) ähnlich. Erfahrungsgemäss würden kantonal unterschiedliche Massnahmen bei der aktuellen Virus-Dynamik von der Bevölkerung nicht befürwortet. GDK-Sprecher Tobias Bär sagt, zwar könnten die Kantone in jenen Bereichen Entscheide treffen, die in ihrer Kompetenz fallen.

coronavirus schulen
Schüler tragen wegen des Coronavirus eine Maske. (Symbolbild) - AFP/Archiv

Dazu gehörten beispielsweise die Schulen oder die Altersheime. Aber: «Aus der Sicht der GDK muss mit Vorlauf auch über weitere nationale Massnahmen diskutiert werden.» Sollte sich die Lage weiter zuspitzen, müssten solche dann ergriffen werden.

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Infrage kämen unter anderem eine Ausweitung der Maskenpflicht primär in Innenräumen, Homeoffice oder Kapazitätsbeschränkungen.

Kantone erhöhen IPS-Kapazitäten

«Die Kantone werden die IPS-Kapazitäten für die Behandlung der grossmehrheitlich ungeimpften Covid-Patientinnen und Patienten nach Möglichkeit erhöhen», fügt Bär hinzu. «Man muss sich einfach bewusst sein, was das bedeutet: Es müssen weitere Operationen verschoben werden, die Behandlungsqualität sinkt.»

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