Offener Brief: Lehrlinge wollen acht Wochen Ferien
Die Berufslehre soll mit mehr Ferien attraktiver werden, fordert eine Allianz vom Bundesrat. Berufsbildner und Gewerbe haben Bedenken.

Das Wichtigste in Kürze
- Eine Allianz fordert vom Bundesrat, dass Lernende acht Wochen Ferien haben sollten.
- Es gebe eine Ungleichbehandlung gegenüber Mittelschülern mit 13 Ferienwochen.
- Berufsbildner und Gewerbe sehen allerdings auch Faktoren, die dagegen sprechen.
Wer nach der obligatorischen Schulzeit eine Lehre beginnt, muss auch zurückstecken: Statt 13 gibt es fortan nur noch fünf Wochen Ferien. In einem offenen Brief fordert nun eine Allianz vom Bundesrat: Das muss sich ändern.
Nicht nur, weil die gleichaltrigen Gymeler und Fachmittelschülerinnen immer noch 13 Ferienwochen haben. Sondern auch, weil die Erholung ganz offensichtlich zu kurz komme. Denn jede vierte Lehre wird abgebrochen.
Berufslehre in der Krise
«So kann es nicht weitergehen», heisst es im Brief an den Bundesrat. Die Berufslehre stecke in der Krise – also müsse sie aufgewertet und attraktiver gemacht werden.
Federführend bei der Allianz «8 Wochen Ferien in der Lehre» ist die Gewerkschaft Unia. Unterstützt wird die Forderung aber auch etwa von Dagmar Rösler, der Präsidentin des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz. Mitunterzeichnet haben den Brief bereits Hunderte von Lernenden aus über 15 Berufen.
Bedenken bei Berufsbildnern
Der Präsident des Berufsbildnerverbands, Markus Holenstein, sieht die Argumente der Allianz zwar durchaus: «Ja, es gibt viele – zu viele – Lehrabbrüche, unter anderem auch wegen zu grosser Belastung», bestätigt er. Der psychischen Gesundheit von Lernenden müsse man Sorge tragen.

Mehr Ferien für die Lernenden kann aber auch ein Vorteil für deren Betreuer sein: «Es kann auch vorkommen, dass ein Berufsbildner froh ist, wenn er mehr Zeit zum Vorbereiten hat.»
Trotzdem hat Markus Holenstein Vorbehalte gegenüber der Forderung nach acht Wochen Ferien für Lernende. «Man sollte dies branchenspezifisch auffangen, nicht quer über alle Berufe acht Wochen verlangen.» So gibt es bereits jetzt Branchen oder Betriebe, zum Beispiel im IT-Bereich, die etwa sieben Wochen Ferien anbieten.
Gewerbe klar dagegen: Probleme für Betriebe
Doch je nachdem könne es auch kritisch werden, dass man in kürzerer Zeit gar nicht den ganzen Stoff durchbringe. Das sieht auch Dieter Kläy so, der Ressortleiter Berufsbildung beim Schweizerischen Gewerbeverband (SGV): «In der Lehre geht es darum, in der vorhandenen Zeit den Stoff zu vermitteln.»

Für den SGV geht die Forderung nach acht Wochen Ferien zu weit: «Wir lehnen dies klar ab», so Kläy. Auch er betont, dass mehr Ferien für Lernende branchenspezifisch vereinbart werden sollten:
«Wenn nun eine Branche findet, sie könne eine oder zwei Wochen mehr geben, ist das sicher okay. Aber wir wollen keine nationale Regelung im Sinne einer Zwangslösung.»

Berufsbildner-Präsident Markus Holenstein gibt noch einen weiteren Punkt zu bedenken: Lehrstellen müssen nicht nur für die Lernenden, sondern auch für die Betriebe attraktiv sein.
Zusätzliche, bezahlte Ferienwochen können in einzelnen Branchen zum entscheidenden Kriterium werden: «Dort, wo es sich finanziell jetzt schon nicht lohnt, Lernende auszubilden, könnte dies zu noch weniger Lehrstellen führen.»