Steckt die SVP dahinter? Kurz vor den Wahlen teilt der Bund mit, die Ausschaffungsinitiative werde «umgehend» umgesetzt.
Simonetta Sommaruga Eveline Widmer-Schlumpf
Traten am 28. November 2010 gemeinsam vor die Medien und waren damals noch Bundesrätinnen: Simonetta Sommaruga (links) und Eveline Widmer-Schlumpf. - keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Bund teilt heute mit, man werde die Ausschaffungsinitiative der SVP umgehend umsetzen.
  • Die längst abgetretene Bundesrätin Simonetta Sommaruga sei dafür zuständig.
  • Ein schlechter Scherz oder gezielte Propaganda kurz vor den Wahlen 2023?

«Bundesrätin Simonetta Sommaruga wird die Arbeiten zur Umsetzung der Initiative umgehend an die Hand nehmen.». So steht es im Mail des EJPD, verschickt heute Mittag. Nur ist keine Bundesrätin Sommaruga im Amt und als sie es noch war, war sie Umweltministerin. Im EJPD war sie bereits seit 2018 nicht mehr tätig.

Nicht falsch, aber auch nicht ganz richtig

Der Titel des Mails stimmt zwar: «Ausschaffungsinitiative von Volk und Ständen angenommen». Nur ist das nicht neu, sondern stammt von der Medienmitteilung vom Abstimmungssonntag Ende November 2010. Und seit diesem Tag reklamiert die Initiantin SVP: Die Initiative ist imfall gar nicht umgesetzt. Zumindest nicht so, wie es sich die SVP vorstellt, weshalb man auch noch mit der «Durchsetzungsinitiative» nachdoppelte.

EJPD Ausschaffungsinitiative Simonetta Sommaruga
Nur 13 Jahre später beginnt man «umgehend» mit der Umsetzung der Ausschaffungsinitiative, verspricht eine gewisse Simonetta Sommaruga. - Screenshot

Diese wurde dann allerdings Anfang 2016 ebenfalls «von Volk und Ständen» klar abgelehnt. Seither hadert die SVP mit dem Schicksal, dass sie das Thema immer wieder aufbringen muss, insbesondere vor Wahlen. Es gibt sogar ein eigenes Positionspapier «Nichtumsetzung Ausschaffungsinitiative» dazu.

Scharf kombiniert: Hier liegt der Hase

Immer wieder als Prügelknabe herhalten muss ex-FDP-Präsident Philipp Müller, der sagte: «Das Parlament hat in der Umsetzung der Ausschaffungsinitiative ein pfefferscharfes Gesetz verabschiedet.» Von wegen, reklamiert die SVP, und verwünscht Müller ins Land, wo der Pfeffer wächst.

toni Brunner Philipp Müller
Toni Brunner (links), damaliger SVP-Präsident, Philipp Müller, damaliger FDP-Präsident und Gabi Huber, damalige FDP-Fraktionspräsidentin, diskutieren am Freitag, dem 13. November 2015. - keystone

Warum also verschickt das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) am Freitag, dem Dreizehnten, zu Mittag eine uralte Medienmitteilung? Auf Nachfrage gibt man sich im Generalsekretariat zunächst gleichermassen verwundert wie der langsam aber sicher hungrige Journalist. Aber man habe es ebenfalls bemerkt und gehe dem nach.

Wurde die Bundesverwaltung von bösen Russen gehackt? Ist es ein Streich eines SVP-Sympathisanten, der daran erinnern wollte, dass nicht nur der Zmittag vom Asia-Takeaway scharf sein sollte? Beides würde ja passen, so kurz vor den Wahlen 2023.

Fade Schweiz

Die Antwort ist dann allerdings weder ausländisch noch böse oder lustig, sondern gutschweizerisch, lies: langweilig. Wie bei den steigenden Krankenkassenprämien und dem mangelnden Wohnraum gilt auch hier: Die anderen sind schuld. Nämlich nicht das EJPD, sondern die Bundeskanzlei.

Bundeskanzlei Walter Thurnherr
Bundeskanzler Walter Thurnherr tritt per Ende Legislatur zurück. - keystone

«Bei Wartungsarbeiten», so bestätigt man dort, seien gleich zwei Dinge passiert: Fälschlicherweise sei ein Mail generiert und dann auch noch versandt worden. Kein Spionagethriller, keine Verschwörung, Simonetta Sommaruga bleibt im Ruhestand und die Umsetzung der Ausschaffungsinitiative bleibt ungepfeffert. Also etwa so wie der Zmittag, denn auch das «Rindfleisch Szechuan» war, sagen wir, einigermassen okay.

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