Aussenminister Cassis: So geht es nun weiter mit dem EU-Paket
Der Bundesrat hat das Ergebnis der Vernehmlassung zur Kenntnis genommen. Nun hat er einige Anpassungen vorgenommen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die EU-Verträge wurden in der Vernehmlassung mehrheitlich begrüsst.
- Bei einigen strittigen Punkten reagiert der Bundesrat nun mit Präzisierungen.
- Aussenminister Ignazio Cassis erklärt, wie es nun weitergeht.
Vor einem Jahr konnten die Verhandlungen der Schweiz mit der EU abgeschlossen werden. Danach dauerte es lange Monate, bis die Verträge eingesehen werden konnten – zunächst nur von einzelnen Parlamentarierinnen und Parlamentariern. Nun aber ist die Vernehmlassung dazu offiziell beendet – Aussenminister Ignazio Cassis kann Bilanz ziehen und vorausblicken.
Ausser der SVP haben die Parteien und die meisten Verbände das EU-Paket begrüsst. Doch einzelne Punkte sorgten für Kritik oder zumindest Fragezeichen. Insbesondere das Stromabkommen wurde infrage gestellt. Auch die Zuwanderung beziehungsweise die Schweizer Begleitmassnahmen dazu warfen Fragen auf.
Die Botschaft zum Paket «Stabilisierung und Weiterentwicklung der Beziehungen Schweiz–EU (Bilaterale III)» werde vom Bundesrat voraussichtlich im März 2026 dem Parlament überwiesen. «Damit treten wir in die Schlussphase der Regierungsarbeit ein», so Cassis.
Bundesrat nimmt Forderungen in Vorlage auf
Weiter für Diskussionen sorgen dürfte die Frage, ob es ein obligatorisches Referendum gibt, was dann auch ein Ständemehr nötig machen würde. Dazu haben Milliardäre um Alfred Gantner eigens eine Volksinitiative lanciert.
Alles in allem hält der Bundesrat aber fest: Eine klare Mehrheit befürworte das Paket Schweiz-EU. Bei der Umsetzung der Abkommen im Inland seien mehrere Klarstellungen und Verbesserungen gefordert worden. «Nach eingehender Prüfung» dieser Forderungen habe der Bundesrat nun gewisse Anpassungen an der Vorlage beschlossen.
Stromabkommen: Fokus Erneuerbare
Auch stromintensive Kleinunternehmen sollen in der Grundversorgung verbleiben können. Das Uvek soll zusammen mit dem EDA entsprechende Vorschläge ausarbeiten.

Die Begleitmassnahmen in der Grundversorgung, die dem Konsumentenschutz dienen, sollen hingegen unverändert beibehalten werden.
Festhalten will der Bundesrat auch an der Abschaffung der Minimalvergütung für Solarstrom aus Photovoltaikanlagen. Hier soll es eine Übergangslösung für Anlagen unter 150 Kilowatt geben. Der im Stromabkommen festgehaltene weitere Ausbau der erneuerbaren Energien werde damit nicht infrage gestellt.
Die Auswirkungen auf die Wasserkraft will der Bundesrat in der Botschaft ans Parlament noch weiter präzisieren.
Grenzschutz bei Landwirtschaft und Lebensmittelsicherheit
Die Forderung nach Grenzschutz bei landwirtschaftlichen Produkten und die Eigenständigkeit in der Ausgestaltung der Agrarpolitik sei zwar bereits gewährleistet. Auch diese werden nun in der Botschaft noch präzisiert.
Beim Protokoll zur Lebensmittelsicherheit wird beispielsweise präzisiert, dass eine Betäubungspflicht für Schlachtungen aufgrund religiöser Riten (Schächten) fortbestehe.
Viele Bemerkungen in der Vernehmlassung seien auf Verständnisfragen zurückzuführen oder betreffen Bereiche, die nicht Gegenstand des Pakets Schweiz–EU seien. Auf diese Bemerkungen wird mit zusätzlichen Erläuterungen und Präzisierungen im Botschaftstext eingegangen.
Mehr Transparenz bei Rechtsübernahme
Insbesondere bei der dynamischen Rechtsübernahme wolle der Bundesrat für grösstmögliche Transparenz sorgen. Für die Mitsprache des Parlaments schlägt er deshalb einen neuen Artikel im Parlamentsgesetz vor.
Auch will der Bundesrat einmal pro Legislatur dem Parlament ein Monitoring vorlegen. Darin soll die Funktionsweise der institutionellen Elemente des Pakets aufgezeigt werden.
Reizthema Schutzklausel
In der Vernehmlassung immer wieder angesprochen wurde die inländische Umsetzung der Schutzklausel. So wurde unter anderem ein stärkerer Einbezug der Kantone sowie der kantonalen Sozialpartner gefordert. Thema waren die Schwellenwerte für die Auslösung der Schutzklausel und die regionale und branchenspezifische Ausgestaltung. Der Bundesrat präzisiert nun die Forderungen entweder im Entwurf des Ausländer- und Integrationsgesetzes oder durch zusätzliche Erläuterungen in der Botschaft.

Die aus Schweizer Sicht problematischen staatlichen Beihilfen der EU, also Subventionen und dergleichen, sollen besser überwacht werden. Dazu schlägt der Bundesrat eine Vereinfachung der Verfahren im Gesetz vor.
Bezüglich der Gleichbehandlung von Schweizer Studierenden und Studierenden aus der EU zeigt der Bundesrat Entgegenkommen. Er hat beschlossen, dass die Verluste der betroffenen Kantone und ihrer Hochschulen zu 100 Prozent durch eine auf vier Jahre befristete Bundesunterstützung abgefedert werden.
Lohnschutz
Die 13 inländischen Begleitmassnahmen für den Lohnschutz seien breit unterstützt worden, so der Bundesrat. Nicht aber die vierzehnte Massnahme, die vor allem den Schutz von gewählten Arbeitnehmervertreterinnen und -vertreter betrifft. Obwohl eine Mehrheit diese Massnahme ablehnt, will der Bundesrat daran festhalten. Das WBF von Bundesrat Parmelin soll aber mit den Sozialpartnern weiter eine Kompromisslösung suchen.
Landverkehr
Im Rahmen des Landverkehrsabkommens wird die Richtlinie zu den Sozialstandards aufgewertet: Sie soll auf Verordnungsstufe verankert werden.

Auf Gesetzesebene gehoben wird die Vergabe von Trassen an ausländische, aber auch an Schweizer Eisenbahnunternehmen. Hier will der Bundesrat aufgrund der Vernehmlassungsantworten mehr Transparenz schaffen.
Horizon, Erasmus & Co.
Dass die Schweiz wieder bei den EU-Programmen im Bereich Bildung, Forschung und Innovation mitmachen kann, sei von einer grossen Mehrheit begrüsst worden. Hier scheint es demnach keine Änderungen zu geben.

Die Unterzeichnung dieses Programmabkommens ist bereits erfolgt: Sie ist auf den 10. November vorgezogen worden, um hier gleich sofort wieder teilnehmen zu können.
Zahlungen an die EU
Beim «Schweizer Beitrag», der früher mal Kohäsionsmilliarde hiess, will der Bundesrat auf mehr Swissness setzen. Die diesbezüglichen Verfahren sollen ebenfalls vereinfacht werden. Damit sollen gezielt Partnerschaften mit Schweizer Akteuren, die spezifisches Schweizer Fachwissen einbringen, gefördert werden.












