Gesundheitsminister Alain Berset kämpfte in der Abstimmungs-«Arena» zum Tabakwerbeverbot an der Seite der Gegner – aber nur halbherzig.
Tabakwerbeverbot Initiative
Am 13. Februar stimmt die Schweiz über ein Tabakwerbeverbot für den Schutz Jugendlicher ab. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Am 13. Februar stimmt die Schweizer Stimmbevölkerung über das Tabakwerbeverbot ab.
  • In der «Arena» wurde über die Initiative und den indirekten Gegenvorschlag diskutiert.
  • Die grosse Frage: Welche Lösung führt zu einem besseren Jugendschutz?

Am 13. Februar stimmt die Schweizer Stimmbevölkerung über vier Vorlagen ab. Eine davon hat besonders noble Absichten: Die Initiative für ein Tabakwerbeverbot will Jugendliche und Kinder vom Rauchen abhalten. Zu den Befürwortern gehören neben Politikerinnen und Politikern vor allem Personen aus den Gesundheitsbereichen.

Für Bundesrat und Parlament geht ein Werbeverbot aber zu weit, sie haben deshalb einen indirekten Gegenvorschlag verfasst, das neue Tabakproduktegesetz. Für diese Lösung setzte sich in der gestrigen «Arena» unter anderem der Gesundheitsminister Alain Berset ein. Es war eine ungewöhnliche Rolle für den SP-Politiker, denn für den Gegenvorschlag musste er sich mit Vertretern und Vertreterinnen der FDP, der SVP und sogar der Tabak-Lobby verbrüdern.

Tabakwerbeverbot
Gesundheitsminister Alain Berset kämpfte in der Abstimmungs-«Arena» nur halbherzig gegen die Initiative «Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung». - SRF/Screenshot

Wie bitte? Der Schweizer Gesundheitsminister stellt sich gegen eine Initiative, die von Ärztinnen und Apothekern sowie Krebs- und Lungenlinga unterstützt wird? Es gehe darum, eine ausgewogene Lösung zu finden, meinte Berset am Freitagabend genau darauf angesprochen. «Es ist unbestritten, dass Rauchen schädlich für die Gesundheit ist – aber Rauchen ist nicht verboten.» Die Frage sei deshalb, ob man für ein Produkt Werbung machen dürfe, das schädlich, aber legal sei, führte der Bundesrat weiter aus und sagte: «Die Antwort ist Ja.»

Gesundheitsminister Berset: «Der Bundesrat hätte sich mehr gewünscht»

Die Initiative «Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung» will überall dort, wo Minderjährige sich aufhalten, Werbung konsequent verbieten. Das neue Tabakproduktegesetz, das unabhängig vom Abstimmungsausgang in Kraft treten wird, sieht ein schweizweites Verkaufsverbot von Tabakprodukten an unter 18-Jährige vor, aber weniger weitreichende Massnahmen hinsichtlich der Werbung. Umstritten ist also – und das zeigte sich in der «Arena» klar –, wie der Weg zu mehr Jugendschutz aussehen soll.

Tabakwerbeverbot
Der Berner SP-Ständerat Hans Stöckli will mit der Initiative Tabakwerbeverbote den «Bundesrat unterstützen». - SRF/Screenshot

Berset gab zu, dass er und der Bundesrat sich vom Gegenvorschlag, dem Tabakproduktegesetz, mehr erhofft hätten. «Seit 2004 setzt sich der Bundesrat für eine stärkere Begrenzung der Tabakwerbung ein und wir sind noch nicht weit genug.» Der Gegenvorschlag sei ein Kompromiss, aber dennoch ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, sagte der Gesundheitsminister und erinnerte an die Position der Landesregierung: «Wir sind gegen die Initiative, die geht sehr weit.»

Hans Stöckli, Ständerat, Berset-Parteikollege und Präsident der Initiative, meinte: «Uns geht es eigentlich nur darum, den Bundesrat zu unterstützen. Unsere Initiative wurde lanciert, nachdem das Parlament die Gesetzgebung des Bundesrates zurückgewiesen hat.» Es gehe um eine Ergänzung zum Gegenvorschlag, so das SP-Urgestein. Als Beispiel nannte er Werbekanäle zu verbieten, die gezielt, aber subtil, Jugendliche erreichen. Etwa die sozialen Medien, Internetplattformen, aber auch bestimmte Orte wie Festivals.

Tabakwerbeverbot
FDP-Ständerat Ruedi Noser ist der Meinung, dass es die Initiative für ein Tabakwerbeverbot gar nicht braucht. - SRF/Screenshot

FDP-Ständerat Ruedi Noser hielt dagegen und meinte, dass im Gegenvorschlag bereits alles umgesetzt sei, was die Initianten forderten. «In dem Gesetz wird sichergestellt, dass heute keine Person unter 18 Jahren an einem Kiosk zu Zigaretten kommt und Tabak darf nicht dort beworben werden, wo Minderjährige sich aufhalten.» Es werde nur darüber abgestimmt, ob es ein generelles Werbeverbot geben soll oder nicht, so Noser.

Der Onkologe und die Tabak-Lobbyistin

Klar für die Initiative sprach sich Thomas Cerny, Onkologe und Präsident der Krebsforschung Schweiz aus. Sein Statement sorgte für Aufsehen: «Nikotinsucht ist vergleichbar mit der Sucht nach Heroin und Kokain. Unser Gehirn reagiert genau gleich auf diese Substanzen.» Durch das Rauchen entstehe zudem ein Kollateralschaden, ungefähr 80 Substanzen im Zigarettenrauch seien direkt krebsfördernd, so Cerny.

Tabakwerbeverbot
Der Onkologe Thomas Cerny verglich die Tabaksucht in der «Arena» mit der Heroin- oder Kokainsucht. - SRF/Screenshot

Der Onkologe meinte auch, dass man Tabak nicht wie ein normal beworbenes Produkt behandeln könne. «Es ist ein hochsüchtig machendes Produkt und in dem Sinne ist diese Werbediskussion für mich absurd – vor allem, wenn ich daran denke, wie viel Zeit meines Lebens ich damit verbracht habe, sterbenden Menschen beizustehen, die gesagt haben: ‹Verdammt nochmal hätte ich doch nicht geraucht.›»

Brenda Ponsignon, die im Vorstand des Branchenverbands Swiss Cigarette sitzt und somit die Tabak-Lobby vertrat, wurde auf den Heroin-Kokain-Tabak-Vergleich angesprochen und sagte daraufhin: «Meines Wissens sind Heroin und Kokain noch keine legalen Produkte. Wir verkaufen ein legales Produkt und hierfür dürfen wir Werbung betreiben.»

Tabakwerbeverbot «Arena»
Tabak-Lobbyistin Brenda Ponsignon sagte in der «Arena»: «Wir verkaufen ein legales Produkt und hierfür dürfen wir Werbung betreiben.» - SRF/Screenshot

Natürlich sei es ganz wichtig, dass man nicht Jugendliche bewerbe, führte Ponsignon weiter aus und der Gegenvorschlag habe das «ganz gut geregelt». «Aber Erwachsene sollten noch selber die Möglichkeit haben, sich entscheiden zu dürfen, ob sie dieses Produkt konsumieren möchten oder nicht.» Es gehe bei der Initiative um ein «totales Werbeverbot für ein legales Produkt», meinte die Lobbyistin und sprach von «Bevormundung».

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