Nach der Entdeckung einer mutmasslich von Gefangenen verfassten Botschaft hat die Supermarktkette Tesco ihre Weihnachtskartenproduktion in China eingestellt
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Eine Tesco-Filiale in London. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • In einer Weihnachtskarte wurde ein mutmasslicher Hilferuf von Zwangsarbeitern entdeckt.
  • Tesco stellte die Kartenproduktion mit der chinesischen Fabrik ein.

Ein Londoner Mädchen fand am vergangenen Wochenende in einer von Tesco vertriebenen Weihnachtskarte einen Hilferuf mutmasslicher chinesischer Zwangsarbeiter. Dies berichtete «Sunday Times».

Eine Unternehmenssprecherin zeigte sich am Sonntag «schockiert» über den Medienbericht. Die Produktion in der betroffenen Fabrik in Shanghai werde «sofort gestoppt». Die Karten werden ausserdem vorerst aus dem Verkauf genommen.

«Wir sind ausländische Gefangene im chinesischen Gefängnis Qingpu in Shanghai.» Dies soll laut «Sunday Times» in der Weihnachtskarte gestanden haben, die von Tesco für wohltätige Zwecke vertrieben wurde. «Wir werden gegen unseren Willen zur Arbeit gezwungen. Bitte helfen Sie uns und verständigen Sie Hilfsorganisationen.»

Tesco würde «niemals Gefangenenarbeit» akzeptieren

Die Tesco-Sprecherin sagte, das Unternehmen würde «niemals Gefangenenarbeit» in ihren Lieferketten akzeptieren. Die Karte sei von einer chinesischen Firma hergestellt worden, wo im November eine unabhängige Untersuchung der Produktionsbedingungen stattgefunden habe. «Es wurden keine Beweise gefunden, die darauf hindeuten, dass sie gegen unsere Regel verstossen haben», sagte die Sprecherin.

Eine Untersuchung des Falls sei aber eingeleitet worden. Falls sich der Verdacht über die Zwangsarbeit bestätigen sollte, werde Tesco die Zusammenarbeit mit dem Zulieferer aufkündigen, sagte die Sprecherin.

Man soll «Mr. Peter Humphrey» kontaktieren

Wie aus dem Bericht der «Sunday Times» weiter hervorgeht, bat der Verfasser des Hilferufs darum, «Mr. Peter Humphrey» zu kontaktieren. Nach einer Internet-Recherche habe sich dieser als ein ehemaliger Journalist herausgestellt, der neun Monate im chinesischen Qingpu verbracht hatte.

Der Vater des Londoner Mädchens, das den Hilferuf entdeckt hatte, nahm demnach Kontakt mit Humphrey auf. Dieser schrieb die Geschichte schliesslich für die Zeitung auf.

Humphrey, der dem Bericht zufolge früher für die Nachrichtenagentur Reuters gearbeitet hatte, habe ehemalige Häftlinge kontaktiert. Diese hätten bestätigt, dass ausländische Häftlinge an der Produktion von Tesco-Weihnachtskarten beteiligt waren.

Humphrey 2013 in China verhaftet

Im Zusammenhang mit einer Korruptionsaffäre um das britische Pharmaunternehmen GlaxoSmithKline wurden Humphrey und seine Frau 2013 von chinesischen Behörden festgenommen.

Beide arbeiteten damals für eine Firma, die multinationale Konzerne bei der Untersuchung von Korruptionsvorwürfen in China unterstützte. Im darauffolgenden Jahr wurden sie verurteilt und des Landes verwiesen.

Weihnachtskarten, deren Erlöse für gemeinnützige Zwecke gespendet werden, sind in Grossbritannien sehr beliebt. Sie werden in Supermärkten zu niedrigen Preisen verkauft. Nach Angaben von Tesco spendet das Unternehmen jährlich rund 300'000 Pfund (383'000 CHF) seiner Erlöse aus dem Kartenverkauf an Wohltätigkeitsorganisationen.

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