Die Schweiz muss auf die Enthüllungen über chinesische Zwangsarbeitslager reagieren, fordern Schweizer Politiker. Auch das Freihandelsabkommen steht in Frage.
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Menschenrechtler kritisieren die Umerziehungslager in Xinjiang. - keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • China soll Uiguren in Lagern umerziehen, wie Dokumente der Regierung belegen.
  • Schweizer Politiker fordern nun Konsequenzen, allerdings unterschiedliche.
  • Um eine Wirkung zu erzielen müsse sich die Schweiz mit anderen Ländern zusammenschliessen.

Am Sonntag enthüllte ein internationales Journalistenkonsortium umfangreiche Dokumente, die beweisen, dass China schätzungsweise eine Million Menschen in Lagern in der Region Xinjiang interniert. Die Menschen – vor allem Uiguren und andere muslimische Minderheiten – werden dort eingesperrt, rund um die Uhr überwacht und «umerzogen». Experten bezeichnen dies als «kulturellen Genozid».

Die Internierung geschehe gegen den Willen der Menschen, sagt die 75-köpfige Journalistengruppe mit Verweis auf die Geheimdokumente der kommunistischen Partei Chinas. Das widerspricht der bisherigen Darstellung der chinesischen Regierung. Der chinesische Botschafter in der Schweiz spricht von freiwilligen Schulen, um die Region von Anschlägen zu schützen.

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Der chinesische Botschafter Geng Wengbing an einem Treffen zum Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und China im September 2018 in St. Gallen. Uiguren sind eine ethnische Minderheit in China. - Keystone

Fabian Molina: Die Schweiz muss endlich aktiv werden

Für SP-Nationalrat Fabian Molina ist klar: «Hier werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit in einem enormen Ausmass verübt.» Er sei erschüttert über Enthüllungen der Geheimdokumente. «Sie bestätigen die schlimmsten Befürchtungen zu Chinas Deportationspolitik.»

Diese Beschwichtigungspolitik der Schweiz müsse endlich ein Ende haben. Verbrechen gegen die Menschlichkeit gehören zu den schlimmsten Gräueltaten, so Molina. «Die Staatengemeinschaft müsste massiv reagieren. Was sie aber nicht tut – dafür ist China zu mächtig.» Die Schweiz müsse darum zusammen mit anderen mutigen Staaten aktiv werden. «Der Bundesrat muss China bilateral und im Menschenrechtsrat kritisieren und sich für Sanktionen durch den Uno-Sicherheitsrat einsetzen», fordert der SPler.

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Fabian Molina, Nationalrat SP, und Elisabeth Schneider-Schneiter, Nationalrätin CVP, äussern sich zu den Menschenrechtsverletzungen in der chinesischen Provinz Xinjiang. - Keystone

Schneider-Schneiter: Menschenrechtslage in China ist ein Dauerthema

Weniger überrascht war Nationalratskollegin Elisabeth Schneider-Schneiter. Die Berichte über Umerziehungslager seien nicht neu, so die CVP-Politikerin. «Sorgen macht mir die Dimension.»

Die Menschenrechtslage in China sei ein Dauerthema im Dialog mit China. Im letzten Jahr habe sie mit der Aussenpolitischen Kommission Xinjiang besucht und sich intensiv damit auseinandergesetzt. «Die Menschenrechtslage in China soll auch Teil der Chinastrategie sein, welche das Parlament seit Jahren fordert», so Schneider-Schneiter. «Die Schweiz sollte sich zusammen mit der Internationalen Staatengemeinschaft zu einer Strategie zusammenraufen», findet sie ähnlich wie Molina.

Freihandelsabkommen mit China sistieren

Der SP-Nationalrat geht jedoch einen Schritt weiter: Die Schweiz solle das Freihandelsabkommen mit China sistieren. «Unabhängig vom Freihandelsabkommen haben Schweizer Unternehmen eine Verantwortung, dass bei der Herstellung ihrer Produkte Menschenrechte eingehalten werden.» Molina schlägt eine Sorgfaltspflicht für die Firmen vor, wie sie etwa die Konzernverantwortungsinitiative vorsehe.

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Eine Auswahl der geleakten Dokumente der «Chinese Cables». - keystone

So weit will Schneider-Schneiter nicht gehen. «Schweizer Unternehmen sind sich bewusst, dass die Supply Chain sorgfältig geprüft werden muss. Der Bundesrat hat mit seinem Aktionsplan die entsprechenden Leitlinien der UNO umgesetzt.» Dieser verpflichtet die Schweiz dazu, die Menschenrechte auch vor Einwirkungen durch andere Akteure zu schützen.

USA macht im Handelskrieg Druck auf China

Die Schweiz importiert aus der Region Xinjiang etwa Baumwollprodukte. Trotz Berichte über Zwangsarbeit unterstützen Schweizer Firmen damit die chinesische Unterdrückungs-Politik, so der Vorwurf von Menschenrechtsorganisationen. Der Einfluss der Schweiz auf das wirtschaftsmächtige China ist indes klein.

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Donald Trump kritisiert China. - keystone

Deutlich grösser ist der Einfluss der USA, welcher grösster Baumwollexporteur ist – nach China und Indien. Im Handelsstreit hatte China jedoch die Importzölle auf Baumwolle angehoben, woraufhin der Baumwollpreis zusammenbrach. Nun hat die USA Interesse daran die chinesische Baumwollindustrie zu diskreditieren – für US-Präsident Donald Trump ist China am Verlust von Millionen amerikanischer Industriearbeitsplätze schuld.

Erst im Oktober hatte US-Präsident Donald Trump 28 chinesische Regierungsorganisationen mit Sanktionen belegt – diese würden sich an der Unterdrückung der Uiguren beteiligen. Kurz darauf verkündete US-Aussenminister Mike Pompeo Visa-Beschränkungen gegen Vertreter der chinesischen Regierung und der Kommunistischen Partei.

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Aussenminister Ignazio Cassis und sein chinesischer Amtskollege Wang Yi bei dessen Besuch in Bern im Oktober 2019. - Keystone

Das Departement für Auswertige Angelegenheiten EDA gab heute bekannt, dass es über die Situation in Xinjiang besorgt sei. «Es ruft die chinesische Regierung dazu auf, der Besorgnis vieler Staaten Rechnung zu tragen und der UNO ungehinderten Zugang zur Region zu gewähren», schreibt das EDA. Wirtschaftliche Sanktionen lehnt das EDA auf Anfrage jedoch ab.

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