Weiter wie bisher sei keine Lösung. Gleiches gelte für eine Unterordnung von Natur- und Umweltschutz zu Zwecken einer grünen Energieproduktion. Ein Gastbeitrag.
SDS Pro Natura
Im Gastbeitrag plädiert Stella Jegher von «Pro Natura» dafür, mittels Energiesparmassnahmen die Natur zu schützen. (Symbolbild) - Keystone
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Unser Energiehunger kennt scheinbar keine Grenzen, unsere natürlichen Ressourcen schon.
  • Darum: Verschonen wir die Natur, und stoppen wir stattdessen die Energieverschwendung.
  • Ein Gastbeitrag von Stella Jegher, Abteilungsleiterin Politik bei Pro Natura.

Wie überwinden wir die Energiekrise? Auf der Suche nach Antworten schlagen sich derzeit Medien, Politikerinnen und Fachleute Zahlen um die Ohren, streiten über die besten Technologien, kämpfen um AKWs, neue Staumauern und PV-Anlagen, um Stromleitungskapazitäten, Selbstversorgungsgrad und Importquoten.

Kein Tag ohne neue Lösungsideen, die uns vor allem eines erlauben sollen: mit unserem Energieverbrauch weiterzumachen wie bisher. Tendenz steigend.

Weiter wie bisher ist keine Lösung

Weiter wie bisher ist allerdings keine Lösung, solange unser Ressourcenverbrauch drei Planeten bräuchte. Das schafft ein Dilemma: Denn die Gesellschaft möchte auf Wohlstand, Komfort und stetige Verfügbarkeit von Gütern und Dienstleistungen nicht verzichten – und die Wirtschaft nicht auf Profit. Und warum sollen gerade wir mit Sparen beginnen, wenn andere noch so viel mehr verbrauchen?

Gletscher Klimawandel
Ein Mann steht in einer Gletscherhöhle des Sardonagletschers. Der wegen des Klimawandels schwindende Gletscher hat eine Eishöhle freigegeben. (Symbolbild) - keystone

Was dabei gerne vergessen geht: Beliebig Energie verschwenden zu können, ist kein Menschenrecht. Energie war schon immer eine knappe Ressource. Das scheint allerdings der Gesellschaft und der Politik hierzulande erst mit der drohenden «Energieknappheit» bewusst geworden zu sein.

Politik im Dringlichkeitsmodus

Aufgrund der potenziellen Strommangellage brach im eidgenössischen Parlament ein Aktivismus aus, der sich nicht nur über rechtsstaatliche Prinzipien, sondern auch über den Natur- und Landschaftsschutz komplett hinwegzusetzen drohte. Vorschläge, die sämtliche Umwelt- und Naturschutzgesetze der Energieproduktion unterordnen wollten, machten die Runde. Die Justizbehörden mussten vor einer Verletzung der Verfassung warnen.

Grengiols Solar Saflischtal
Die IG Saflischtal hat diese Drohnenaufnahme der Alp Furggen bearbeitet, um das Ausmass vom Projekt «Grengiols Solar» aufzuzeigen. - zVg/IG Saflischtal

Trotzdem wurde letzten September im Dringlichkeitsverfahren ein Gesetz verabschiedet, welches kurzfristig einen massiven Ausbau von Photovoltaikanlagen auf freien Flächen in den Alpen erlaubt – mit Vorrang vor Natur und Landschaft. Derweil steht bei der Beratung des Energie- und Stromversorgungsgesetzes im Parlament noch immer eine generelle Streichung des Biotopschutzes zur Debatte.

Die Krise der Natur bedroht uns alle!

Wer aber so tut, als wäre die Knappheit zu überwinden, wenn wir nur bereit wären, noch mehr Landschaften, Gewässer und Naturflächen der Energieproduktion zu opfern, übersieht eine andere wesentliche Tatsache: dass auch die Nutzung der Natur längst an ihre Grenzen gestossen ist. Die weltweite Biodiversitätskrise hat monströse Ausmasse angenommen. Die Schweiz weist von allen Industrieländern den höchsten Anteil an bedrohten Arten auf.

SDS Pro Natura Moor
Die Moorlandschaft im Entlebuch mit einer Windturbine im Hintergrund. - Keystone

Typische Lebensräume wie Auen, Moore und Trockenwiesen verschwinden. Das bedroht nicht nur Tiere und Pflanzen – sondern am Ende uns Menschen. Denn die Natur erbringt Leistungen, die nicht ersetzbar sind: als CO2-Speicher, die unser Klima regulieren, als Basis für Ernährung, saubere Luft, sauberes Wasser und Gesundheit und nicht zuletzt für unsere Wirtschaft.

Energie-, Biodiversitäts- und Klimakrise gemeinsam lösen

Wer die Energiekrise auf Kosten der Natur und des Klimas lösen will, denkt zu kurz. Wenn wir die Natur als Lebensgrundlage für die nächste Generation erhalten wollen, müssen wir Lösungen suchen, welche die Energie-, die Biodiversitäts- und die Klimakrise gemeinsam angehen.

SDS Pro Natura
Zwei Aktivisten von Pro Natura im Einsatz. (Symbolbild) - Keystone

Es ist bekannt, dass rund ein Drittel des Stroms in der Schweiz schlicht verschwendet wird und ganz ohne neue Gesetze oder gar Komforteinbussen eingespart werden könnte. Statt darüber zu streiten, wie viel Natur und Landschaft wir zugunsten der Energieproduktion noch zerstören dürfen, müssten wir also in erster Linie darüber nachdenken, wie unsere Gesellschaft und Wirtschaft die Energieverschwendung reduzieren können.

Sparen Sie selber Energie?

Das wird nicht gehen ohne eine breite gesellschaftliche Diskussion darüber, wofür wir Energie brauchen, wo wir sie verschwenden – und was wir dafür aufzugeben bereit sind.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

DienstleistungenEnergiekriseParlamentGesetzWasserUmweltEnergieNatur