Eine zielorientierte Klimapolitik müsse anerkennen, dass die Wirtschaft längstens grün ist, sagt Nau.ch-Kolumnist Hans-Ulrich Bigler.
Hans-Ulrich Bigler.
Hans-Ulrich Bigler ist Kolumnist bei Nau.ch. - Nau.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Hans-Ulrich Bigler ist alt Nationalrat, Ökonom und Nau.ch-Kolumnist.
  • Heute schreibt der SVP-Mann zur zukünftigen Klimapolitik.
  • Er plädiert für Anreizmodelle statt Planwirtschaft und Verbote.
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Die Diskussionen um die zukünftige Klimapolitik laufen heiss, und dies nicht zum ersten Mal. Letzte Woche debattierte die Umweltkommission des Ständerates UREK-S zum Vorschlag, auf allen Treibhausgasemissionen eine Lenkungsabgabe einzuführen.

Das Vorhaben scheiterte vorerst am Stichentscheid des Kommissionspräsidenten. Empört titelte der «Tages-Anzeiger»: «Herber Rückschlag für Klimaabgabe».

Doch ist die Klimapolitik derart alternativlos, dass sie ausschliesslich mit Gebühren, Verboten und neuen finanziellen Lasten für das Portemonnaie von Bürgern und Wirtschaft funktioniert?

Blenden wir zurück. Die Schweiz hat an der Weltklimakonferenz in Paris das Netto-Null-Ziel unterschrieben. Konsequenterweise wurde das CO2-Gesetz revidiert und dementsprechend angepasst.

Was halten Sie vom Netto-Null-Ziel?

Die Klimafetischisten nutzten die Gunst der Stunde und verabschiedeten eine Vorlage, die nur so strotzte von Verboten, Auflagen und Vorschriften und neuen Steuern und Abgaben.

Angeblich alles zum Wohl der Bürger, die in ihrem täglichen Verhalten klimapolitisch geformt werden müssen. Höhepunkt war die Idee eines klimapolitischen Förderfonds für neue Technologien in der Höhe von mehr als einer Milliarde Franken.

Bundesrat hätte entscheiden sollen

Dieser hätte in alleiniger Kompetenz der damaligen Departementsvorsteherin des UVEK verwaltet werden sollen.

Im Klartext, ein Bundesrat allein beziehungsweise dessen Beamte am Schreibtisch hätten ohne Parlament und Gesamtbundesrat entschieden, was klimapolitisch genehm ist und was nicht.

Es kam, wie es kommen musste, das Referendum wurde ergriffen und die Vorlage scheiterte vor zwei Jahren an der Urne deutlich. Und damit ging die Reform zurück auf Feld eins. Die Parteien waren sich nach dem Abstimmungssonntag einig, dass eine neue Gesetzesvorlage keine finanziellen Mehrbelastungen beinhalten darf.

Wie die Diskussionen zeigen, gerieten diese Versprechen rasch in Vergessenheit und erneut geistert die Idee einer Lenkungsabgabe durch die Wandelhallen in Bern.

Was vordergründig nach dem Verursacherprinzip erscheint, ist indessen angesichts der Umsetzung immer mit Mehrbelastungen und Wettbewerbsverzerrungen verbunden.

So würde beispielsweise eine vierköpfige Familie mit einer Flugabgabe für ihre Ferienreise erheblich mehr belastet als ein gut situiertes Rentnerpaar. Und ein Unternehmen, das den CO2-Ausstoss minimiert, aber aufgrund der Produktionsprozesse nicht auf null reduzieren kann, würde de facto eine Umweltsteuer zu bezahlen haben. Es stellt sich deshalb die Frage nach den Alternativen.

Marktwirtschaftlicher Ansatz

Ein Erfolgsmodell, das die Energieagentur der Wirtschaft (EnAW) seit über 20 Jahren erfolgreich anbietet und das von den Medien beharrlich ignoriert wird, geht von einem marktwirtschaftlichen Ansatz aus.

Damit wird die Energie- und Ressourceneffizienz seit Langem mit Eigeninitiative und Eigenverantwortung gesteigert. Der Tatbeweis in der Praxis ist dabei durch die im Programm engagierten Unternehmen längst erbracht. So war es die Wirtschaft, die die Zielerfüllung zur CO2-Reduktion für die Periode von 2010 bis 2020 möglich machte.

Im Klartext: In den letzten zehn Jahren wurden 791'976 Tonnen CO2 eingespart. Diese CO2-Reduktionen der Unternehmen entsprechen etwa dem jährlichen CO2-Verbrauch im Haushalt von 870'555 Einwohnern in der Schweiz. Die Vernunft würde eigentlich gebieten, diesen Weg konsequent weiterzugehen.

Roadmap für realen Abbau von CO2-Emissionen

Und hier spielt die EnAW eine zentrale Rolle. Zusammen mit den Unternehmen werden mögliche Massnahmen für den Dekarbonisierungsprozess definiert, die technische und wirtschaftliche Machbarkeit analysiert und beurteilt.

In der Konsequenz resultiert eine Roadmap, die zu einem realen, nachweisbaren Abbau von CO2-Emissionen führt. Nachhaltiges Wirtschaften ist betriebswirtschaftliches Wirtschaften. Eine schlaue Dekarbonisierungsstrategie ist gut für die Reputation und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit.

Eine zielorientierte Klimapolitik muss vor diesem Hintergrund zunächst anerkennen, dass die Wirtschaft längstens grün ist. Die Wirtschaft hat jedes Interesse, durch Effizienzsteigerungen Kosten zu reduzieren.

Gleichzeitig ist es ebenso die Wirtschaft, die die notwendigen Innovationen hervorbringt durch neue Technologien wie beispielsweise CO2-Lagerung oder Absorbierung.

Die Politik täte gut daran, von planwirtschaftlichen und letztendlich wirtschaftsschädigenden Massnahmen abzusehen und stattdessen auf Anreizmodelle – nicht nur für die energieintensiven, sondern für alle Unternehmen – zu setzen, die unsere Unternehmen im internationalen Umfeld stärken und weiterbringen.

Zur Person: Hans-Ulrich Bigler ist Ökonom und war von 2008 bis 2023 Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbands (SGV). Er ist im Vorstand mehrerer Verbände, darunter auch das Nuklearforum Schweiz, und sass von 2015 bis 2019 für die FDP im Nationalrat. Heute ist Bigler SVP-Mitglied.

Hinweis zur Kolumne bezüglich Interessenbindung: Bigler ist Vizepräsident der Energieagentur der Wirtschaft EnAW.

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