Initiative, Kompromiss, Referendum - die Politik hadert mit dem Vaterschaftsurlaub. In der Privatwirtschaft hingegen ist er längt ein Werbe-Argument.
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Moderne Männer wollen sich ebenso um ihre Kinder kümmern, wie die Frauen. Möglich macht das unter anderem der Vaterschaftsurlaub. - Pixabay
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Das Wichtigste in Kürze

  • In der Schweiz bekommt ein frischgebackener Vater laut Gesetz einen freien Tag.
  • Gerade läuft ein Referendum gegen die vom Parlament beschlossene Verlängerung auf 10 Tage.
  • Aldi Suisse und weitere Firmen nutzen die Lücke und organisieren die Papi-Zeit selber.

Zur Gleichberechtigung der Geschlechter in der Gesellschaft gehört auch, dass Frauen und Männer gleiche Pflichten und Verantwortungen übernehmen. Dazu wiederum gehört, im Falle einer Familie, die geteilte Sorge um die Kinder. Diese wiederum beginnt direkt nach der Geburt.

Dann also, wenn Frau ihren Mutterschaftsurlaub antreten kann. Und Mann laut Gesetz einen einzigen freien Tag bekommt. Das muss in der Schweiz genügen, um den Sprössling gebührend willkommen zu heissen.

Initiative für vier Wochen Vaterschaftsurlaub

Es tut sich allerdings etwas in der Eidgenossenschaft. Mit der Initiative für Vaterschaftsurlaub forderte Noch SP-Nationalrat Adrian Wüthrich gemeinsam mit seinen Mitstreitern deren vier Wochen Papi-Zeit.

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SP-Nationalrat Adrian Wüthrich bei der Debatte über den Vaterschaftsurlaub im Bundeshaus, September 2019. - Keystone

Die Verantwortlichen zogen ihre Initiative allerdings zurück, als das Parlament sich zu einem Vaterschaftsurlaub von zwei Wochen durchrang. Lieber wolle man erstmal die beiden Wochen akzeptieren und nun alle Kraft auf eine gemeinsame Elternzeit legen.

Referendum gegen zwei Wochen Papi-Zeit

Doch auch gegen die beiden Wochen regte sich Widerstand. Diana Gutjahr, SVP-Nationalrätin aus dem Thurgau, hat mit einigen Verbündeten das Referendum ergriffen. Kommt es zustande und wird vom Volk auch angenommen, ist die Schweiz zurück auf einem Tag Papi-Zeit. Der politische Kampf um die Papi-Zeit wogt also weiter.

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Die Thurgauer SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr setzt sich gegen einen bezahlten Vaterschaftsurlaub von zwei Wochen ein. - Keystone

Während die Politik ringt, hat die Privatwirtschaft etwas erkannt: Vaterschaftsurlaub ist durchaus ein Argument, um junge, gut ausgebildete Arbeitskräfte anzulocken. So wirbt seit neustem Aldi Suisse auf grossen blauen Plakaten mit vier Wochen Papi-Zeit, bei 100-Prozent Lohnfortzahlung.

Bis zu 120 Tage für die Familie

Doch es geht noch besser. Wer bei Volvo einen Vertrag unterzeichnet, bekommt 120 Tage Zeit für die Familie.

Arbeitet er bei Volvo, sie andernorts, ist seine Kinderzeit nach der Geburt bedeutend länger, als ihre. Genauso bei der Novartis. Hier bekommt ein frisch gebackener Vater 90 Tage Vaterschaftsurlaub.

Vaterschaftsurlaub
Der Vaterschaftsurlaub oder eine gemeinsame Elternzeit gehörte auch zu den Forderungen des Frauenstreiks vom 14. Juni 2019. - Keystone

Bei Google sind es 60 Tage, bei Johnson & Johnson 40. IKEA und Microsoft bieten je 30 an. Es scheint ganz so, als würden ausländische Firmen nach und nach den Vaterschaftsurlaub in der Schweiz einführen.

Vorteil der Grossen

Die Privatwirtschaft bildet in ihrem Angebot ab, was bei vielen Arbeitnehmern ein Bedürfnis ist. Weil der Vaterschaftsurlaub allerdings von den Firmen vollständig selber berappt werden muss, sind kleine KMU im Nachteil.

Mit einem gesetzlich vorgeschriebenen Vaterschaftsurlaub, oder gar einer Elternzeit, liesse dieser Nachteil sich etwas ausbügeln.

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