Velofahrer schlägt Auto – Autofahrer ruft Polizei
Im Berner Breitenrain-Quartier geraten ein Auto- und ein Velofahrer aneinander. Das Konfliktpotenzial scheint riesig — der Autofahrer ruft die Polizei.

Das Wichtigste in Kürze
- Am vergangenen Sonntag geraten ein Auto- und ein Velofahrer in Bern aneinander.
- Die Kantonspolizei Bern bestätigt den Vorfall auf Anfrage.
- Das Konfliktpotenzial im Strassenverkehr steigt aufgrund zunehmender Verkehrsteilnehmer.
Sonnenschein, angenehme 23 Grad, kaum Verkehr auf den Berner Strassen. Alles entspannt an diesem Sonntag Ende August.
Eigentlich: Ein BMW-Fahrer parkiert seinen SUV auf dem Velo-Streifen. Im Breitenrain-Quartier wartet er auf eine Person, die er aufgabeln will.
Einem Velofahrer ist der Wagen auf «seinem» Streifen ein Dorn im Auge. Er touchiert das schwarze Auto – wohl absichtlich.
Das sieht auch der BMW-Fahrer so – er sprintet wutentbrannt aus seinem Auto, stoppt das Velo an der Kreuzung. «Du fährst nirgends mehr hin», schreit er ihn an. «Mein Auto war dir überhaupt nicht im Weg, das muss dich nicht stören. Ich rufe jetzt die Polizei.»
Die Kantonspolizei Bern bestätigt den Vorfall auf Anfrage. Nach dem Eintreffen einer Patrouille seien jedoch keine streitenden Personen mehr anwesend gewesen.
Streitigkeiten werden nicht statistisch erfasst
Immer wieder kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen Auto- und Velofahrern. Hauptsächlich dann, wenn die Strassen das gemeinsame Vorwärtskommen auf engem Raum erzwingen.
Die Kantonspolizei Basel und die Kantonspolizei Aargau sagen gegenüber Nau.ch, dass Streitigkeiten zwischen Velo- und Autofahrenden statistisch nicht erfasst werden würden.
«Es gibt immer wieder solche Vorfälle und selbstverständlich in den Sommermonaten mehr als im Winter. Aber dabei handelt es sich immer noch um Einzelfälle», sagt Dominic Zimmerli von der Kapo Aargau.
Ein Verkehrssicherheitsexperte klärt auf
Verkehrssicherheitsexperte Michael Rytz vom Verkehrsclub der Schweiz (VCS) bestätigt die Aussagen der Kantonspolizei. Solche Szenen seien seltene Ausnahmefälle.

Trotzdem gebe es situationsbedingte Gründe für Aggression im Strassenverkehr. Vor allem an heissen Tagen würde das aggressive Verhalten zunehmen.
«Zum einen nimmt die Fehlerquote der Verkehrsteilnehmenden zu. Zum anderen wird es schwieriger, beim Teilen der Strasse kühlen Kopf zu bewahren», sagt Rytz.
Verkehrsdichte ist ausschlaggebend
Dazu kommt: Der Verkehr werde vielerorts dichter, die Strassen blieben jedoch gleich breit. «Die Verkehrsplanung hat einen grossen Einfluss, wie entspannt sich die verschiedenen Verkehrsteilnehmergruppen die Strasse teilen», bemerkt der Experte.

Das könne Konflikte und Aggressionen auslösen. «Zum Beispiel, wenn Velofahrende mit zu geringem Abstand überholt werden. Umgekehrt ist es für Autofahrende unangenehm, wenn Velofahrende überraschend ohne Handzeichen links abbiegen.»
Mit einer Verkehrsplanung, die die verschiedenen Bedürfnisse berücksichtige, könne man Konflikte vermeiden.
Die Stadt Bern könne dabei Erfolge ausweisen. «Obwohl immer mehr Menschen in Bern mit dem Velo fahren, gibt es immer weniger Velounfälle. Dazu beigetragen hat, dass die Stadt Bern mit ihrem Masterplan Velo systematisch durchgängige und sichere Veloinfrastrukturen umsetzt», lobt Rytz.
Mehr Leute auf Strassen führen zu mehr Konflikten
Der TCS und Pro Velo Schweiz sind sich einig: Ein Nebeneinander auf den Strassen ist nur mit respektvollem Verhalten möglich.
«Wir weisen jeweils darauf hin, dass heutzutage die Menschen multimodal unterwegs sind. Also heute auf dem Velo und morgen im Auto oder Zug», sagt Claudia Bucher von Pro Velo Schweiz.
Und der TCS betont: «Nur mit gegenseitiger Rücksichtnahme, aber auch mit dem Respektieren der Verkehrsregeln kann es funktionieren. Da es immer mehr Verkehrsteilnehmende gibt, ist es leider nur natürlich, dass damit auch Konflikte zunehmen.»