UNO-Ermittler: Israel begeht Völkermord an Palästinensern
Vier von fünf Kriterien der Völkermordkonvention seien erfüllt, heisst es im Bericht. Eine formelle Einstufung bleibt internationalen Gerichten vorbehalten.

Das Wichtigste in Kürze
- Eine Uno-Kommission wirft Israel Völkermord im Gazastreifen vor.
- Netanjahu wird im Bericht direkt verantwortlich gemacht.
- Vier von fünf Völkermord-Handlungen nach UN-Konvention seien erfüllt.
Israel hat im Gazastreifen Völkermord an Palästinensern begangen. Das ist die Einschätzung einer internationalen Untersuchungskommission der Uno.
In dem am Dienstag in Genf veröffentlichten Bericht werden Israels Präsident Izchak Herzog, Regierungschef Benjamin Netanjahu und der ehemalige Verteidigungsminister Joav Gallant beschuldigt, zu den Gräueltaten angestiftet zu haben.
Vier von fünf Tatbeständen erfüllt
Den drei Uno-Ermittlern zufolge haben die israelischen Behörden und Sicherheitskräfte vier der fünf Handlungen gemäss der Völkermordkonvention von 1948 ausgeführt.
Dazu gehören Tötungen, schwere körperliche und geistige Schädigungen, die Auferlegung von Bedingungen, um die palästinensische Bevölkerung ganz oder teilweise zu vernichten sowie Massnahmen zur Verhinderung von Geburten.
«Es ist klar, dass es eine Absicht gibt, die Palästinenser zu vernichten», sagte die Vorsitzende der Kommission, die südafrikanische Juristin Navi Pillay. Sie stützt sich auf Aussagen israelischer Zivil- und Militärführer.
Die Behörden in Israel hätten es auch versäumt, den Völkermord zu verhindern und zu bestrafen, indem sie keine Ermittlungen gegen die Verantwortlichen durchgeführt hätten, hiess es im Bericht. Völkermord kann allerdings nur ein internationales Gericht feststellen.
Die Uno-Ermittler prangern insbesondere die «beispiellose» Zahl getöteter Palästinenser an, darunter Kinder, die direkt ins Visier genommen worden seien.
Ebenso die Belagerung des palästinensischen Gebietes, einschliesslich der durch den Mangel an humanitärer Hilfe verursachten Hungersnot, die systematische Zerstörung des Gesundheits- und Bildungssystems und die sexuelle Gewalt.
Vorwürfe: Hunger, Zerstörung, sexuelle Gewalt
Die Uno-Kommission wirft Israel auch vor, sich nicht an die Anordnungen des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag gehalten zu haben, einen Völkermord zu verhindern:
«Israel hatte nicht die Absicht, seine Haltung zu ändern. Im Gegenteil, die israelischen Behörden haben auf ihrer Völkermordkampagne beharrt», sagte Pillay bei der Vorstellung des Berichtes in Genf weiter.
Die Uno-Kommission forderte Israel auf, seine Aushungerungspolitik gegenüber den Palästinensern einzustellen.
Zudem solle der Zugang für Humanitäre Hilfe und für Mitarbeiter der Vereinten Nationen und anerkannter internationaler Nichtregierungsorganisationen gewährleistet und die Aktivitäten der umstrittenen Gaza Humanitarian Foundation eingestellt werden.
Forderung nach Stopp von Waffenlieferungen
Die Ermittler forderten zudem andere Staaten auf, die Lieferung von Waffen und Ausrüstung, die für den Völkermord verwendet werden können, zu stoppen und sicherzustellen, dass Einzelpersonen und Unternehmen auf ihrem Territorium nicht bei der Durchführung dieser Gräueltaten mithelfen.
Die drei vom UNO-Menschenrechtsrat in Genf beauftragten Ermittler reichten kürzlich ihren Rücktritt ein. Einer von ihnen, Chris Sidoti, könnte jedoch in Zukunft den Vorsitz des Gremiums übernehmen.