Ukraine-Krieg: SRF zeigt in «Tagesschau» wieder Blutlachen & Leichen
Die SRF-Berichterstattung zum Ukraine-Krieg sorgt ein weiteres Mal für Aufsehen: Das Medienhaus zeigt grausige Bilder.

Das Wichtigste in Kürze
- SRF zeigt im Ukraine-Krieg Bilder von Blutlachen und Leichen.
- Man wolle die Realität ungeschönt zeigen, erklärt der Sender.
- Ein Experte erklärt, weshalb die Auswahl von Kriegsbildern eine Gratwanderung ist.
Immer wieder löst die mediale Berichterstattung zum Ukraine-Krieg Diskussionen aus. Unter anderem stellt sich die Frage, welche Bilder man zeigen soll und welche eher nicht. Beispielsweise, wenn es um Tod oder Zerstörung geht.
Diese Debatte erhält nun neue Brisanz: In einem Beitrag der SRF-«Tagesschau» sind am Sonntag Blutlachen und teilweise zugedeckte Leichen zu sehen. Konkret geht es um den Angriff auf einen ostukrainischen Markt, bei dem 28 Menschen ums Leben gekommen sind.
Auffällig ist: In anderen Berichten war der Sender zuletzt deutlich zurückhaltender.
Verstörende Bilder hatten die Zuschauer hingegen im Frühling 2022 zu sehen bekommen. Damals zeigte «10 vor 10» wegen des Massakers von Butscha auf der Strasse liegende Leichen von zivilen Opfern.
Warum also jetzt wieder? Der Umgang mit solchen Bildern ist in den publizistischen Leitlinien geregelt. Bei verstörenden Aufnahmen übe man «grösste Zurückhaltung», heisst es bei SRF auf Anfrage. «Wir zeigen keine sterbenden Menschen und von Toten kein erkennbares Gesicht.»
Allerdings wolle man auch kein «geschöntes Bild der Realität» vermitteln. «Eine schonungslose Darstellung ist oft nötig, um einem Sachverhalt gerecht zu werden.» Deshalb habe man sich im Falle des Angriffs auf den Markt entschieden, die Bilder zu zeigen. Es gebe jeweils nur sehr wenige Beschwerden von Zuschauenden.
Experte: Je länger Krieg dauert, desto schwieriger
Hat SRF alles richtig gemacht – oder sollte man solche Bilder nicht zeigen? Medienexperte Colin Porlezza von der Università della Svizzera italiana betont gegenüber Nau.ch zunächst, die Entscheidung sei «eine Gratwanderung».
«Krieg heisst Gewalt, und Gewalt kann visuell extrem brutal sein», sagt er. Man müsse einen Weg finden, wahrheitsgetreu zu berichten, ohne aber «in eine Art Kriegspornografie» zu verfallen. Denn so könnte man das Publikum schockieren oder gar verlieren.

Mit zunehmender Dauer des Ukraine-Kriegs wird die Situation für TV-Sender wie SRF nicht einfacher. Porlezza sagt: «Je länger ein Krieg dauert, je brutaler er wird, desto schwieriger werden die Entscheidungen. Insbesondere im tagesaktuellen Geschehen.» Wichtig wären deshalb kritische Diskussionen innerhalb der Redaktion, für die es aber oft wenig Zeit gebe.
Gewaltdarstellungen haben laut Porlezza sowohl positive als auch negative Auswirkungen. Menschen können so animiert werden, sich für den Frieden einzusetzen. Andererseits können die Bilder auch Angstreaktionen oder Stress auslösen. «Man muss sich auch immer wieder bewusst machen, dass Personen unterschiedlich auf Bilder reagieren können.»
Ein heikler Aspekt ist zudem die Einhaltung der Menschenwürde. Porlezza erklärt: «Solche Bilder zeigen oftmals Menschen in der vulnerabelsten Situation. Darüber hinaus haben auch tote Personen ein Recht auf Menschenwürde.» Es muss immer zwischen öffentlichem Interesse und Privatsphäre abgewogen werden.
Moskau macht Kiew für Angriff im Ukraine-Krieg verantwortlich
Der belebte Markt in der im Ukraine-Krieg von Russland besetzten Stadt Donezk wurde am Sonntag von Artilleriegeschossen getroffen.
Moskau macht Kiew für den Angriff verantwortlich. Kremlsprecher Dmitri Peskow spricht von einem «monströsen Akt des Terrorismus».