Propaganda und viele Lügen im Ukraine-Krieg: Auch in der Schweiz folgen Menschen russischen Verschwörungstheorien. Ein Experte klärt auf.
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Spricht nicht von einem Ukraine-Krieg: Wladimir Putin. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Aus dem Kreml kommen anti-westliche Verschwörungstheorien.
  • Via Nachrichtensender und Social Media werden Desinformationen auch im Westen verbreitet.
  • Soziologe Marko Kovic erklärt, wer bei uns wie für Verschwörungstheorien anfällig wird.
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Seit Ende Februar wütet in Europa der Ukraine-Krieg. Klar ist: die beteiligten Parteien folgen unterschiedlichen Narrativen.

Die Ukraine und der Westen sprechen von einem russischen Angriffskrieg. Die Russen hingegen von einer «militärischen Spezialoperation» samt «Entnazifizierung».

Haben Sie Angst, von Desinformation beeinflusst zu werden?

Auch hierzulande glauben Menschen den Erzählungen des russischen Staates – andere sehen in denen des Westens einfach nur Lügen. Wieso? Die Ursache ist unter anderem jahrelange russische Propaganda-Arbeit.

Ukraine-Krieg: Verschwörungstheorien «in hohem Volumen» verbreitet

«Der Kreml streut ganz gezielt und seit Jahren anti-westliche Verschwörungstheorien», erklärt Soziologe Marko Kovic auf Anfrage von Nau.ch. Als «sichtbare» Medien würden dabei RT (früher: «Russia Today») und Sputnik dienen.

Die Verbreitung geschehe «aber auch ‹unsichtbar› über Fake-Accounts auf Social Media» – und zwar in hohem Volumen. «Das funktioniert in der heutigen Zeit des Internets ziemlich gut und ist günstig», so der Experte für Verschwörungstheorien.

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Marko Kovic, Soziologe und Experte für Verschwörungstheorien. - zVg

Im Westen werden die Falschinformationen anschliessend von diversen Personen aufgenommen. Das seien «viele Individuen, die auf die Desinformation hereinfallen, aber auch ‹Verschwörungs-Influencer›», so Kovic.

Diese geben die Desinformation über ihre Social-Media-Kanäle ihren Followern wieder. Eine alternative Version eines Events könne sich bei uns somit in Windeseile verbreiten.

Propagierte Kreml-Ideologie in rechten Kreisen beliebt

Getragen werde die Desinformation im Westen oftmals von Individuen aus rechtskonservativen Kreisen. Dort sei die «propagierte konservative, antidemokratische Ideologie» des Kremls «beliebt».

Russland streue seit rund zehn Jahren «bewusst eine Ideologie des Traditionalismus und Konservatismus». Diese und die Kritik an der angeblichen Dekadenz des liberalen Westens stosse in genannten Kreisen am ehesten auf Anklang. Es erkläre, wieso Putin im rechtskonservativen Lager in Europa und in den USA Sympathisanten hat.

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Stösst man auf eine «aufsehenerregende Behauptung», soll man weitere Quellen aufsuchen, um ein vollständigeres Bild zu erhalten, rät Marko Kovic, Experte für Verschwörungstheorien. - Pixabay

Der Propagandastrategie gehe es aber «nicht nur darum, Menschen vollends zu überzeugen, sondern ein Klima der Unsicherheit zu schaffen». Es reicht damit oftmals schon aus, Zweifel zu säen. «Nach dem Motto: Auch unsere Medien lügen doch alle; ich glaube niemandem.»

Kovic warnt: Kommen solche Zweifel auf, sei es nur noch ein kurzer Weg, «in den Sog von Verschwörungstheorien und Desinformation zu geraten».

Wer ist anfällig für Verschwörungstheorien?

Anfällig für Verschwörungstheorien seien aber vor allem Menschen, die bereits mit Verschwörungstheorien zu tun hatten. Kovic sieht darin den Grund, warum «ein grosser Teil der massnahmenkritischen Bewegung» nun dem Kreml-Narrativ folgt. «Verschwörungstheoretisches Denken ist ein Mindset, eine ideologische Brille, durch die man die Welt sieht», findet der Soziologe.

Und wie kann man sich davor schützen? Der Experte verweist auf zwei Punkte: Zum einen sollte man «besser zweimal überlegen, bevor ich etwas like und teile». Des Weiteren gelte es bei aufsehenerregenden Behauptungen zu «triangulieren». Heisst also, «weitere Quellen zum Thema aufsuchen», um sich «ein vollständigeres Bild» zu schaffen.

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