«Zugriff gesperrt»: Aus Versehen hat die Swisscom Milliarden von archivierten Webseiten für Schweizer User unzugänglich gemacht.
Swisscom Netzsperre Zertifikat Archive
Zertifikat – und fertig: Wer das «Internet Archive» nutzen wollte, guckte als Swisscom-Kunde auf Handy und PC in die Röhre. - Nau.ch
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Das Wichtigste in Kürze

  • Für Swisscom-Abonnenten war der Zugriff aufs «Internet Archive» vorübergehend gesperrt.
  • Es handle sich um ein Versehen, nur eine einzelne Unterseite hätte gesperrt werden sollen.
  • Schweizer Firmen waren nicht direkt tangiert – aber Milliarden Seiten nicht erreichbar.

Der Schaden hätte beträchtlich ausfallen können, im konkreten Fall ist die Swisscom aber wohl glimpflich davongekommen. Während zweieinhalb Stunden waren am Dienstag 760 Milliarden Webseiten via Swisscom-Netz nicht zugänglich. Nach einer Anfrage von Nau.ch zu den Gründen wurde die Sperre prompt aufgehoben: «Bei dieser Sperre handelt es sich in der Tat um ein Versehen», sagt Mediensprecherin Sabrina Hubacher.

«Sicherheitsrisiko» und «richterliche Verfügung»

Bei den Webseiten handelte es sich um das komplette «Internet Archive», erreichbar unter web.archive.org. Die Internetbibliothek speichert schlicht alles, was ihr unter die Nase kommt.

Internet Archive.org Kahle
Der Gründer des «Internet Archive», Brewster Kahle, prüft die Kabel zu den Festplatten seiner digitalen Bibliothek, am 18. Dezember 2006. - Keystone

100 Petabytes – das entspricht etwa einem 700 Jahre dauernden HD-Video – hat das «Internet Archive» gespeichert, Backups nicht eingerechnet.

Zugegeben: Die allermeisten Seiten interessieren kaum jemanden. Und doch rangiert archive.org unter den 300 populärsten Websites der Welt. Swisscom-User aber blieben ausgesperrt: Es gebe ein Sicherheitsrisiko beim Zertifikat.

Internet Archive Wayback Machine
Das «Internet Archive» und sein bekanntestes Feature, die «Wayback machine», mit der sich Milliarden gespeicherter Webseiten durchsuchen lassen. - Screenshot web.archive.org

Wer dies ignorierte, wurde auf die Sperre «aufgrund einer richterlichen Verfügung» verwiesen. Endstation, schwarz auf weiss. Dass dies nicht mit rechten Dingen zuging, bemerkte nur, wer auf einem zweiten Gerät mit einem anderen Provider surfen konnte.

Während der Ausfall fürs «Internet Archive» kaum ins Gewicht fallen dürfte, wäre dies bei anderen Websites weitaus schwerwiegender. Während der Fussball-WM von fifa.com ausgeschlossen zu sein, oder während dem Black Friday vom Lieblings-Online-Store, kann zur nervenaufreibenden Erfahrung werden.

Gleich mehrere Fehler bei Swisscom

Die Absicht sei gewesen, lediglich eine einzelne Unterseite zu sperren, so Swisscom-Sprecherin Hubacher. Doch seien leider gleich mehrere Fehler geschehen, die zur Total-Sperre einer ganzen Domäne führten. Einerseits sei eine Seite als potenzielle «Phishing»-Seite eingeschätzt worden und wäre das eigentliche Ziel der Sperre gewesen.

Swisscom Datencenter Server
Server und technische Infrastruktur in einem Datencenter der Swisscom in Lausanne VD: - Keystone

Andererseits: «Es wurde bei der Sperre die falsche Kategorie gewählt (‹richterliche Anordnung›) – was nicht korrekt ist», so Hubacher. So aber wurde den Usern vermittelt, ein fürs Surfen notwendiges Sicherheitszertifikat von archive.org sei seit drei Jahren abgelaufen. Dafür bitte die Swisscom um Entschuldigung.

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