Studis wollen zurück an die Uni – aber erst im Herbst

Zwei Minuten vor dem Zoom-Termin aufstehen und dann die Vorlesung im Pyjama auf dem Sofa verfolgen: Eigentlich klingt Online-Unterricht doch recht gemütlich. Auch wenn einige das Distance Learning geniessen – die meisten brennen auf die Rückkehr in den Hörsaal.

«Von Studenten bekomme ich vor allem Feedback, dass sie den Präsenzunterricht vermissen», sagt auch Lucas Dahle, Präsident des ETH-Studierendenverbands VSETH. «Insbesondere der soziale Austausch auf dem Campus fehlt vielen, was die mentale Gesundheit zunehmend belastet.»

Dahle betont, dass die Situation für Studis im ersten Semester oder aus dem Ausland besonders schwierig sei. «Sie hatten oft noch keine Möglichkeit, sich ein soziales Netz an der ETH aufzubauen.»

Das Problem ist auch dem Schweizerischen Studentenverein bekannt. Zentralpräsidentin Elena Furrer sagt: «Gerade das Kennenlernen von neuen Personen ist es, was das Leben als Student so interessant macht.»

Furrer berichtet ebenfalls, dass die meisten Studierenden über das Distance Learning klagen würden. Wie der VSETH begrüsst demnach auch ihr Verein den Entscheid des Bundesrats. «Wir vom Schweizerischen Studentenverein glauben, dass diese Umstellung neue Motivation für Studium und Prüfungssession bringen wird.»

Die meisten sind also für den Präsenzunterricht – aber lange nicht alle begrüssen eine so baldige Rückkehr in den Hörsaal. Was sagen die Fans der Online-Vorlesung? Nau.ch hat nachgefragt.

Cedric I. (26) aus Bern studiert an der Freiburger Fachhochschule. Auch wenn er den Präsenzunterricht den Online-Lektionen klar vorzieht – das laufende Semester will er zu Hause abschliessen.

«Man hat online angefangen, hat sich daran gewöhnt und sich auf Online-Prüfungen eingestellt. Die würde ich auch lieber zu Hause schreiben – der Unterricht ist eben doch ein wenig anders. Da wäre ich froh um Open-Book-Prüfungen.» Fänden die Prüfungen nämlich online statt, wären Hilfsmittel erlaubt – vor Ort allerdings nicht.

Ähnlich geht es Ramon T.*: «Ich finde den Öffnungsschritt des Bundesrats schwachsinnig, es gibt schon genug Ausnahmen für Prüfungen und Praxis-Fächer.» Für die verbleibenden fünf Wochen nun noch zum Präsenzunterricht überzugehen, findet der Uni-Luzern-Student unnötig.

«Es wäre sowieso Hybrid-Unterricht, eine Vorlesung mit 150 Studierenden kann ja nicht stattfinden. So hätte ich zum Beispiel morgens eine Online-Vorlesung und müsste am Nachmittag für eine Lektion extra nach Luzern reisen.» Er findet, man sollte schauen, dass man im Herbst dann wieder richtig vor Ort durchstarten kann.

Petra V.* (22) ist ebenfalls wichtig, dass das aktuelle Semester online bleibt. «Wenn man zu Beginn etwas kommuniziert, sollte man sich daran halten», so die ZHAW-Studentin.

Man müsse sich schliesslich nicht nur lerntechnisch, sondern auch mental auf die Prüfungen vorbereiten. Würde jetzt noch kurzfristig auf Präsenzprüfungen umgestellt, wäre das für sie ein «grosser innerer Stress».

Gestern Montag blieben die Studierenden verschiedener Hochschulen, wie etwa der ZHAW, Uni Zürich und Luzern noch zu Hause. Die meisten Zentralschweizer bleiben vorerst im Fernunterricht und bei verschiedenen anderen Hochschulen steht der Entscheid noch aus.

Die ETH Zürich möchte ab nächster Woche nach Möglichkeit wieder Präsenzelemente einführen. Laut dem Studierendenverband VSETH werden aber jegliche Online-Lehrveranstaltungen auch weiterhin online bleiben.

*Namen geändert