«Das bremst die Konjunktur, auch hierzulande», sagte SNB-Chef Thomas Jordan am Freitag an der Generalversammlung der Nationalbank in Bern.
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Thomas Jordan, Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB), versucht mit dem Kauf von Fremdwährung allerdings die Aufwertung des Frankens zu unterdrücken. - keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Ukraine-Krieg betreffe laut SNB auch Länder mit wenigen Handelsbeziehungen dorthin.
  • Die SNB rechne mit eine Wachstum des Bruttoinlandprodukts von 2,5 Prozent.

Der Krieg in der Ukraine wirkt nach Ansicht der Schweizerischen Nationalbank (SNB) wegen der internationalen Verflechtungen wie Sand im Getriebe der Weltwirtschaft. Dies betrifft auch Länder mit wenigen Handelsbeziehungen in die Region.

«Das bremst die Konjunktur, auch hierzulande», sagte SNB-Chef Thomas Jordan am Freitag an der Generalversammlung der Nationalbank in Bern laut Redetext: «Wir rechnen für das aktuelle Jahr mit einem Schweizer Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 2,5 Prozent. Das ist ein halber Prozentpunkt weniger, als wir vor Kriegsausbruch erwartet hatten.«

Zudem sei der Inflationsdruck auch in der Schweiz gestiegen, bislang aber vergleichsweise moderat, sagte Jordan. Die Inflation, die im Jahresdurchschnitt 2021 noch bei 0,6 Prozent gelegen hatte, betrug im März 2,4 Prozent. Damit liegt sie derzeit aber über der Preisstabilität, welche die SNB bei einer mittelfristigen Teuerung zwischen 0 und 2 Prozent definiert.

«Wir haben das ganz bewusst zugelassen»

An der jüngsten geldpolitischen Lagebeurteilung im März hatte die SNB den Leitzins unverändert bei -0,75 Prozent gelassen. Zudem erklärte die Nationalbank weiterhin ihre Bereitschaft, bei Bedarf am Devisenmarkt zu intervenieren.

«Wir hatten aber bereits im Dezember betont, dass wir eine gewisse Aufwertung des Frankens zulassen würden», sagte Jordan. Zeitweise sei der Franken gegenüber dem Euro sogar unter die Parität gefallen.

«Wir haben das ganz bewusst zugelassen», sagte Jordan. Denn die Inflation im Ausland sei deutlich höher als in der Schweiz. «Als Folge davon kann unsere Wirtschaft auch einen nominal stärkeren Franken verkraften.»

Die höheren Preise im Ausland und der nominal stärkere Franken würden sich in etwa ausgleichen, so dass sich der reale Wechselkurs in den vergangenen Quartalen kaum verändert habe. «Ohne die nominale Aufwertung der letzten Monate wäre unsere Geldpolitik expansiver geworden. Das wäre angesichts der aktuellen Inflationsentwicklung unangebracht gewesen. Das Zulassen der Aufwertung hat uns geholfen, die Inflation in der Schweiz vergleichsweise tief zu halten», sagte Jordan.

Aus zwei Gründen Leitzins nicht angehoben

Aus zwei Gründen habe die SNB den Leitzins nicht angehoben: Erstens sei der Inflationsdruck hierzulande moderat. Zweitens dürfte die Inflation auf absehbare Zeit wieder im Bereich der Preisstabilität zu liegen kommen, sagte Jordan.

«Wir sehen bisher kaum Hinweise dafür, dass der Anstieg der Rohwarenpreise breit auf die Preise anderer Waren und Dienstleistungen übergreift», sagte der Nationalbank-Chef. Die Inflation dürfte im laufenden Jahr im Durchschnitt 2,1 Prozent betragen und in den zwei folgenden Jahren wieder sinken.

«Die monetären Bedingungen sind somit für den Moment angemessen. Wenn der Inflationsdruck aber stärker und breiter werden sollte, werden wir nicht zögern, die nötigen Massnahmen zu ergreifen, um die Preisstabilität in der Schweiz über die mittlere Frist zu gewährleisten», sagte Jordan.

Als Folge des Kriegs in der Ukraine könnte auch die Globalisierung mittelfristig abnehmen. Bei einer Fragmentierung der Weltwirtschaft würden die Produktionskosten für viele Güter wieder ansteigen. Dies dürfte einen länger anhaltenden Inflationsdruck auslösen, warnte Jordan.

Fragmentierung würde wohl häufiger zu Engpässen führen

Ausserdem würde eine Fragmentierung wohl häufiger zu Engpässen führen, weil Nachfrageänderungen wieder vermehrt die heimische Wirtschaft treffen und weniger durch die globale Wirtschaft abgefedert werden könnten.

«Als Resultat würden auch die Inflation und die Konjunktur volatiler werden. All dies bedeutet, dass sich die Geldpolitik häufiger und intensiver der Inflationsbekämpfung widmen müsste, als dies in den letzten Jahren der Fall war», sagte Jordan. Zudem dürfte bei einer zunehmenden Staatsverschuldung der politische Widerstand gegen geldpolitische Straffungen zunehmen.

Die langfristigen Konsequenzen des Ukraine-Kriegs auf die Struktur der Weltwirtschaft und somit auch für die Geldpolitik seien momentan noch schwer abzuschätzen, sagte der SNB-Chef. Die Frage sei, ob das traditionelle Zinsinstrument wieder öfter benutzt werde oder unkonventionelle Massnahmen weiterhin eine wichtige Rolle spielen würden, um negativen Störungen zu begegnen?

«Das hängt in erster Linie davon ab, ob das neutrale Zinsniveau weiterhin tief bleibt oder wieder höher zu liegen kommt. Beide Entwicklungen sind denkbar», sagte Jordan.

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