Kommandantin lässt Rekruten schlagen – 22 Verletzte
Eine Kommandantin in Colombier NE liess Rekruten im Rahmen einer Zeremonie schlagen. 22 Soldaten mussten zum Truppenarzt. Nun ist das Urteil bekannt.

Das Wichtigste in Kürze
- In der Kaserne in Colombier NE hat eine Kommandantin Rekruten schlagen lassen.
- In der Folge suchten 22 Soldaten den Truppenarzt auf, dieser reichte Strafanzeige ein.
- Nun hat das Militärkassationsgericht sein Urteil dazu publiziert.
Am 6. April 2018 kam es in der Kaserne von Colombier NE zu unschönen Szenen. Nun hat das Militärkassationsgericht sein Urteil dazu publiziert. Eine Kommandantin und 12 Offiziere wurden verurteilt, wie «CH Media» berichtet.
Aber von vorne: Alles beginnt damit, dass die Kommandantin einer Infanteriekompanie ihre Rekruten für eine Zeremonie versammelt. Sie sollen ihr Soldatenabzeichen und ihren Grad bekommen.
Die Rekruten werden einer nach dem anderen von ihren Zugführern aufgerufen. Sie erhalten ihr Abzeichen – und einen Faustschlag darauf. Danach erlauben die Gruppenführer auch ihren Unteroffizieren, den Soldaten auf die Abzeichen, also das empfindliche Schlüsselbein, zu schlagen.
Handyvideos zeigen, was darauf folgt: Einige Soldaten geraten ins Wanken, verlieren das Gleichgewicht.
Dasselbe Prozedere erfolgt bei einer zweiten Rekruteneinheit, die später eintrifft. Die Offiziere werden von der Kommandantin zum Weitermachen aufgerufen: «Ich toleriere bis zu zwei gebrochene Schlüsselbeine.»
Mit der festlichen Stimmung ist es schnell vorbei. Später sagen beförderte Soldaten aus, die Kader hätten mit «Wut und Hass» zugeschlagen. Das wird von unbeteiligten Offizieren bestätigt.
22 Soldaten müssen zum Truppenarzt
Diese Zeremonie bleibt nicht ohne Folgen: 22 Soldaten suchen in den darauffolgenden Tagen wegen Blutergüssen und Schmerzen in der Schulter und im Brustkorb den Truppenarzt auf.
Dieser stellt bei zwei Patienten Anzeichen von Rippenbrüchen fest. Ein Soldat hat Mühe, Luft zu kriegen, ein anderer muss in eine Notfallklinik und wird für acht Tage krankgeschrieben.
Insgesamt stellt der Truppenarzt Dispensationen für 14 Soldaten aus – und erstattet Strafanzeige.
13 Personen verurteilt
Nun hat das Militärkassationsgericht sein Urteil kürzlich publiziert. Die Kommandantin und 12 Offiziere wurden verurteilt, sie erhalten bedingte Geldstrafen von 15 Tagessätzen und Bussen von 400 Franken.
Die Offiziere werden bestraft, weil sie Untergebene geschlagen haben. Sie hatten probiert, den Soldaten die Verantwortung zuzuschieben – diese seien damit einverstanden gewesen, geschlagen zu werden. Ausserdem handle es sich um eine Tradition in der Infanterie.
Doch die Militärgerichte akzeptierten diese Rechtfertigungen nicht.
«Handlungen dieser Art stellen eindeutig einen Angriff auf die Persönlichkeit der verletzten Soldaten dar», so das zweitinstanzliche Appellationsgericht. Somit würden diese klar gegen die Dienstvorschriften der Armee verstossen.
Militärjustiz spricht von «bedauerlichem Ausrutscher»
Die Kommandantin wiederum wird von der Militärjustiz für schuldig befunden, weil sie die Gewalt tolerierte und nicht einschritt.
Im Strafverfahren übernahm sie Verantwortung für ihre Tat. Sie habe als ranghöchste anwesende Offizierin ihre Pflichten verletzt und sei ihrem Status nicht gerecht geworden.
Vor Gericht sagte sie, sie habe befürchtet, als «zu nett» oder «nicht kämpferisch genug» wahrgenommen zu werden.
Heute ist die Frau Berufsoffizierin im Rang eines Majors. Die Militärjustiz hält fest, sie habe sich ihren Status «voll und ganz verdient».
Bei dem Vorfall im April 2018 handele es sich um einen «bedauerlichen Ausrutscher in einer ansonsten vorbildlichen Militärkarriere».