In der Westschweiz wehren sich Betroffene bis vor Gericht gegen die Maskenpflicht in Kitas. Deutschschweizer Kitas hoffen auf Vernunft à la Kanton Zürich.
Kita Maskenpflicht
Eine Physiotherapeutin mit Hygienemaske arbeitet mit einen Jungen in der Kita 6e der Stiftung GFZ, aufgenommen am 9. Juli 2020 in Zürich. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Gegen eine strenge Maskenpflicht in Kitas regt sich breiter Widerstand.
  • Im Kanton Freiburg geht eine Organisation deshalb vor Gericht.
  • Befürchtet werden Schäden für Kinder, die andauernd maskierte Betreuerinnen sehen.

Eine offizielle Mitteilung wäre halt schon noch gut, schreibt der Verband der Freiburger Kitas in einer Stellungnahme an die Kantonsregierung. Sonst sei es etwas schwierig, den Eltern Red und Antwort zu stehen. In der Romandie reagieren Betroffene zunehmend genervt über die von oben herab verordnete Maskenpflicht für Kita-Mitarbeitende. «Die Bevölkerung wurde überhaupt rein gar nicht informiert», beschwert sich Maya Dougou, Präsidentin der Organisation «38,5°».

Die Nonprofit-Organisation kümmert sich üblicherweise um «kleine Patienten». Doch beim Thema «Masken in der Kita» hat es Dougou den Nuggi rausgehauen, wie man in der Deutschschweiz sagen würde. Sie hat eine Petition gestartet – und zieht jetzt gar vor Kantonsgericht. Die Petition wurde derweil im Kanton Jura ebenfalls lanciert, und läuft dort sogar noch besser.

Kita Mitagessen Maskenpflicht
Kinder und Betreuungspersonal der Kita 6e der Stiftung GFZ beim gemeinsamen Mittagessen, aufgenommen am 9. Juli 2020 in Zürich. - Keystone

Nicht gegen Masken, aber gegen Vorgehen

Wohlgemerkt: Maya Dougou ist nicht prinzipiell gegen Masken. «Aber der Kanton kann nicht eine solch einschneidende Massnahme verordnen, ohne entsprechende Kreise angehört zu haben.» Zum Beispiel das Jugendamt, Kinderärzte, die Kitas.

Letztere haben zwar durchaus Verständnis für pandemiebedingte Hygienemassnahmen, zeigt eine Umfrage bei Freiburger Kitas. Aber drei Viertel bekunden auch Mühe, mit Maske zu arbeiten: Unbehagen, erschwerte Kommunikation mit den Kindern, Babys die via Lippenlesen sprechen lernen sollten – aber nicht können.

Kita Baby Betreuerin
Kleinkindererzieherin Angela kümmert sich um zwei Kinder in der privaten Kita «Petites Couleurs», am 28. April in Denges VD. - Keystone

Kita-Leitungen haben Mühe, die Fragen der Mitarbeiterinnen zu beantworten, weil die Regeln nicht sehr klar seien. Ins gleiche Ressort gehört, dass die Empfehlungen des Kantonsarztes und der Gesundheitsdirektion nicht gleich sind. Ein Drittel hat keinerlei Verständnis dafür, dass die Erwachsenen getrennt von den Kindern essen müssen und sogar auf Spaziergängen Masken tragen sollen.

Forderung nach Ausnahmen für die Kleinsten

Beim Schweizer Kita-Dachverband Kibesuisse sieht man dies ähnlich. Für die Lage der Westschweizer Kantone mit hohen Corona-Fallzahlen hat man Verständnis. Wenn es die epidemiologische Lage erfordere, empfehle man grundsätzlich das Tragen von Masken – aber mit klar definierten Ausnahmen. «Wir sind aber gegen eine generelle schweizweite Maskenpflicht für Betreuungsinstitutionen», sagt Kibesuisse-Sprecherin Prisca Mattanza.

Als Bollwerk gegen das Überschwappen der Kita-Maskenpflicht in die Deutschschweiz hat Kibesuisse ein Muster-Schutzkonzept ausgearbeitet. Zusammen mit dem Kanton Zürich, dem BAG und Fachleuten wurde bestimmt, wie die verschiedenen Interessen vereinbart werden können. Denn Kita-Mitarbeiter in Quarantäne will auch niemand: Dann müssten Kinder zuhause bleiben, deren Eltern auch, und so weiter. «Anderen Kantonen kann das Dokument als Vorlage dienen», steht im Muster-Schutzkonzept vielsagend.

Kita draussen Maskenpflicht
Kleinkinder beim Spielen mit einem Bobby Car und Fahrrad beaufsichtigt durch einen Betreuer beim Unterstand im Aussenbereich der Kita 6e der Stiftung GFZ, aufgenommen am 9. Juli 2020 in Zürich. - Keystone

Wichtig sei gewesen, dass statt genereller Pflicht ein Empfehlungscharakter vorherrsche. So könne die jeweilige Situation der Institution und der dort betreuten Kinder sinnvoll berücksichtigt werden. Ob ein Kind einen oder fünf Tage die Woche ausschliesslich Erwachsene mit Maske sieht, macht einen Unterschied. Sowohl Kibesuisse wie «38,5°» fordern Ausnahmen, zum Beispiel beim Wickeln, Schoppen geben, oder mit einer vorher bestimmten Bezugsperson.

Was gilt, was nicht bei Maskenpflicht in Kitas

So hat der Kanton Zürich zum Beispiel auch festgelegt, dass bei einer Ansteckung nicht sämtliche Kita-Kinder in Quarantäne müssen. Wegen des geringen Ansteckungsrisikos nicht einmal die Bezugsperson, analog zu den Erkenntnissen des BAG. Im Kanton Freiburg aber fragen unterdessen auch schon Politiker verschiedener Parteien, aufgrund welcher Studien man eigentlich Massnahmen beschlossen habe.

Zahnbürsten Kita
Die Zahnürsten der Kinder in der privaten Kita «Petites Couleurs», am 28. April in Denges VD. - Keystone

Nachvollziehen kann Maya Dougou das wenigste, denn der Kanton habe seinen Entscheid lediglich in einem Email an die Kitas mitgeteilt. «Wenn wir nicht nachgefragt hätten, hätten wir eine Berufungsfrist verpasst.» In der Hektik habe man die Abkürzung genommen, aber das sei problematisch bei Massnahmen, die wohl bis nächstes Jahr gälten. «Der Samichlaus in der Kita ist jedenfalls abgesagt», so Dougou.

Immerhin habe der Kanton nach ihrer Klage beim Kantonsgericht schon einmal die Massnahmen gelockert. Die Maskenpflicht im Freien ist aufgehoben.

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