Immer mehr Junge fragen sich, ob das KV eine Zukunft hat
In der IT- und der KV-Branche werden weniger Stellen ausgeschrieben. Schon Lehrlinge seien verunsichert, heisst es beim Verband.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Schweizer Erwerbslosenquote ist um 0,6 Prozentpunkte auf 4,6 Prozent angestiegen.
- Das Stellenangebot verzeichnet einen Rückgang, vor allem in der IT- und der KV-Branche.
- Grund dafür sind der Digitalisierungsschub und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz.
Der Schweizer Arbeitsmarkt schwächelt. Das bekommen vor allem die IT- und die KV-Branche ordentlich zu spüren.
Das Bundesamt für Statistik veröffentlichte kürzlich die Schweizer Erwerbslosenquote im zweiten Quartal dieses Jahres. Die Zahl stieg demnach um rund 0,6 Prozentpunkte auf 4,6 Prozent an.
Wie der «Tagesanzeiger» berichtete, kommt es nach dem pandemiebedingten Fachkräftemangel nun zu einem Umschwung. Die Kantone im Norden und Osten der Schweiz trifft es besonders stark.
Negative Entwicklung am Arbeitsmarkt
Ein Blick auf den «Swiss Job Market Index» der Adecco Group und der Universität Zürich zeigt: Die Situation am Arbeitsmarkt ist angespannt. Der Index zeigt die Zahl der öffentlich ausgeschriebenen Stellen an.

Fachkräfte in den Bereichen «Gesundheit» und «Persönliche Dienstleistungen» sowie Führungskräfte verzeichnen einen Anstieg der Stellen. In anderen Bereichen sieht es aber düster aus.
Bei den Hochschulberufen im Bereich Informatik nahmen die Stellenangebote am Arbeitsmarkt gar um ganze 31 Prozent ab. Wie lässt sich dieser Rückgang erklären?
IT-Branche zwischen Konjunktur und KI
In den IT-Berufen scheint die Situation auch durch den Digitalisierungsschub begründet. Nach einem Nachfragehoch während der Corona-Pandemie liegt die Zahl der offenen Stellen aktuell sogar unter dem Niveau von 2024/2025.

Auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) verändert das Berufsbild der IT- und der KV-Stellen grundlegend. Während die Nachfrage von realen Spezialisten sinkt, steigt der Einsatz von KI-Programmen, die viele Analyseaufgaben effizienter erledigen. Das dämpft gemäss der Studie auch den Bedarf an Personal.
RAV Basel empfiehlt laufende Weiterbildung
Warum gibt es weniger offene IT-Stellen? Das RAV Basel verweist auf repetitive Tätigkeiten, die vom Digitalisierungsschub betroffen sind.
Man würde mit den Stellensuchenden individuelle Strategien auf Basis ihres Bildungs- und Erfahrungshintergrundes erstellen. Bei Bedarf könne auch die Arbeitslosenversicherung mit Bildungsmassnahmen oder auch Einarbeitungszuschüssen unterstützen.

Solche Bildungsmassnahmen würden immer mehr an Gewicht gewinnen, sagt Dieter P. Wirth, Bereichsleiter Arbeitsversicherung, gegenüber Nau.ch.
Er empfiehlt, dass sich Arbeitnehmende bereits früh auf dem Arbeitsmarkt laufend weiterbilden. «So können sie verhindern, dass sie aufgrund der technologischen Entwicklungen aus diesem herausfallen», sagt der Experte.
KV: Verunsicherung zeigt sich bereits bei den Lernenden
Der Kaufmännische Verband Schweiz spürt die wachsende Verunsicherung nicht nur im erwachsenen Erwerbsleben, sondern auch rund um die KV-Lehre.
Denn: Immer mehr Junge fragen sich, ob das KV überhaupt noch eine Zukunft hat.
«Die Frage nach der Zukunftsfähigkeit der KV-Lehre begegnet uns zunehmend», sagt Jana Frischmann, Fachverantwortliche Bildung beim Kaufmännischen Verband Schweiz.
Gleichzeitig betont der Verband: Mit über 12'500 Neueintritten jährlich bleibe die KV-Lehre die beliebteste Grundbildung der Schweiz. Die Reform 2023 habe die Ausbildung gezielt auf die digitale Transformation ausgerichtet — mit Fokus auf digitale und soziale Kompetenzen.

Sorgen über Erwerbslosigkeit seien spürbar. Doch der Verband erwarte keinen abrupten Stellenabbau, sondern eher eine schrittweise Veränderung der Berufsbilder.
Ein extremer Rückgang an KV-Schülern ist laut Frischmann trotz Verunsicherung nicht zu erkennen. «Die Zahlen bewegen sich seit Jahren stabil auf hohem Niveau», sagt die Fachverantwortliche. «Leichte Schwankungen sind vor allem demografisch bedingt.»
KI verändere die Anforderungsprofile, ersetze aber nicht die gesamte Berufsbasis. «Entscheidend ist jedoch, dass der Grundsatz des lebenslangen Lernens zur Selbstverständlichkeit wird», sagt Frischmann.
Man lernt also nie aus. Das sei wichtig, um mit technologischen Veränderungen Schritt halten zu können.
Positive Haltung gegenüber KI
Die Wirtschaftsschule KV Zürich (WKVZ) sieht das ähnlich. «Mit der KV-Reform ist die Lernverantwortung – noch mehr als früher – in die Hände der Lernenden gelegt worden». Das sagt Christian Wölfle, Rektor der Wirtschaftsschule KV Zürich.
KI würde zunehmend einen wichtigen Platz in der Bildungslandschaft einnehmen, so Wölfle.

An der WKVZ verfolge man eine positive Haltung gegenüber KI. Das meint auch Prorektor Michael Hönig, verantwortlich für das Ressort «Digitalität und Lernräume». Es sei eine wertvolle Ressource, die den Unterricht gewinnbringend ergänzen könne — sofern sie sinnvoll genutzt werde.
Doch der Umgang mit KI soll gelernt sein. «Wir ermutigen Lehrende und Lernende deshalb dazu, KI-Technologien im Unterricht explorativ und verantwortungsvoll zu nutzen», sagt der Rektor.
Dazu würden KI-Trainingseinheiten, Workshops, aber auch Online-Materialien bereitgestellt — für eine kritische Auseinandersetzung mit KI.
Die KI soll dort unterstützend zum Einsatz kommen, wo sie den Unterricht bereichert und erweitert.