Hör- und Sehstörungen erzeugen Kosten von über 10 Milliarden Franken
In der Schweiz hören 8,4 Prozent und sehen 6,2 Prozent schlecht. Die Beeinträchtigungen verursachen Kosten von über 10 Milliarden Franken.

Das Wichtigste in Kürze
- In der Schweiz sind 8,4 Prozent hörbeeinträchtigt, 6,2 Prozent benötigen eine Brille.
- Hör- und Sehstörungen verursachen Kosten von über zehn Milliarden Franken.
- Sozialen und ökonomischen Ressourcen beeinflussen auch die Seh- und Hörschwäche.
8,4 Prozent der Schweizer Wohnbevölkerung hören so schlecht, dass sie ohne Hörgerät einem gewöhnlichen Gespräch nicht folgen können. 6,2 Prozent können ohne Brille keine Zeitung lesen. Das verursacht der Allgemeinheit jährlich über 10 Milliarden Franken Kosten. Defizite der Sinnesorgane, primär Hör- und Sehbeeinträchtigungen, gehören zu den Krankheiten, welche die Lebensqualität am stärksten verringern.
Sehschwäche gilt gemeinhin als das grössere Übel. Doch Menschen mit Hörschwäche klagen im Schnitt häufiger über verminderte Lebensqualität als solche, die «nur» schlecht sehen.
Hörbeeinträchtigung kann sozial isolieren
Denn mangelnde Hörfähigkeit beeinträchtigt die Kommunikation und isoliert sozial. Hörschwäche ist deshalb «dem Wohlbefinden stärker abträglich» als Sehbeeinträchtigung. Das ergab eine Studie, die das Schweizerischen Gesundheitsobservatorium (Obsan) erstellen liess. Die Ergebnisse wurden am Dienstag veröffentlicht.

Mit zunehmendem Alter steigt die Prävalenz von Hör- und Sehbeeinträchtigung wie auch einer doppelten sensorischen Beeinträchtigung mehr und mehr an. Besonders ausgeprägt trifft dies für Hörbeeinträchtigungen zu; ein Drittel der Personen ab 75 Jahren sind hörbeeinträchtigt. Dabei sind ältere Männer wesentlich häufiger von einer Hörbeeinträchtigung betroffen als Frauen. Beim Sehen sind hingegen ältere Frauen stärker benachteiligt als Männer.
5,5 Prozent der Bevölkerung hört schlecht
Der wachsende Anteil älterer Personen an der Gesamtbevölkerung führte in den letzten 25 Jahren zu einem Anstieg von sensorischen Beeinträchtigungen. Am stärksten ist das beim Hören der Fall, wo Schwächen um 1,3 Prozent zugenommen haben. Zum Ausgleich ist im selben Zeitraum auch die Verfügbarkeit für Hörhilfen gestiegen.

Unter Rentnern hat sich der Anteil Personen, die ein Hörgerät tragen, zwischen 1992 und 2017 beinahe verdoppelt. Er stieg von 7,1 auf 13,8 Prozent an. Als Folge ist der Anteil an funktional hörbeeinträchtigten Rentnerinnen und Rentnern von 1992 bis 2017 um beinahe ein Drittel zurückgegangen.
Dennoch hörten 2020 immer noch 5,5 Prozent der Bevölkerung schlecht. Entweder, weil sie kein Hörgerät besassen, oder dieses die Hörschwäche nicht ausreichend zu beheben vermochte.
Ökonomischen Ressourcen verfügen über Seh- und Hörschwächen
Menschen mit geringeren sozialen und ökonomischen Ressourcen verfügen tendenziell über eine schlechtere Gesundheit. Das ist bei Seh- und Hörschwächen nicht anders. Die Wahrscheinlichkeit, dass Personen ohne nachobligatorische Ausbildung hörbeeinträchtigt sind, ist doppelt so hoch wie bei Personen mit einem Tertiärstufe-Abschluss.
Das Risiko einer Sehbeeinträchtigung ist beinahe dreifach erhöht. Die Wahrscheinlichkeit einer doppelten sensorischen Beeinträchtigung nimmt relativ gesehen noch stärker zu. Ein analoges Bild zeigt sich beim Haushaltseinkommen: je tiefer das Haushaltseinkommen, umso höher die Häufigkeit einer sensorischen Beeinträchtigung.

Rauchen, Diabetes und übermässige Lärmbelastung sind wichtige etablierte Risikofaktoren für die Entwicklung von Hör- und Sehbeeinträchtigungen. Möglicherweise haben auch Arthritis, Bluthochdruck, starkes Übergewicht oder Herzkreislauf-Erkrankungen negative Auswirkungen auf Hör- und Sehvermögen.
Sensorische Beeinträchtigungen haben weit mehr negative Auswirkungen, als gemeinhin angenommen. Psychische Einschränkungen und Gedächtnisprobleme treten bei Betroffenen «deutlich häufiger auf als bei Personen mit intaktem Hör- und Sehvermögen auf. Am stärksten bei Hörsehbeeinträchtigten, gefolgt von Betroffenen mit einer Hörbeeinträchtigung. Am wenigsten ausgeprägt, aber immer noch erhöht, bei Personen mit einer Sehbeeinträchtigung.