Die Klima-Kleber verärgern mit ihren Aktionen viele Autofahrer. Einige Lenker reagieren mit Gewalt – verbal oder physisch.
Ein frustrierter Lastwagen-Fahrer fährt einen Klimaaktivisten der deutschen Aktivistengruppe Letzte Generation an. - twitter/@daspupsi

Das Wichtigste in Kürze

  • Immer wieder gehen Autofahrer mit Gewalt gegen Blockaden von Klimaaktivisten vor.
  • Die Kleber wollen sich dadurch nicht einschüchtern lassen.
  • Gewaltforscher Dirk Baier sieht Hetze als Grund für die Gewaltausbrüche.
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In den kommenden Monaten hat Renovate Switzerland verschiedene Aktionen geplant. «Darunter ‹Slow marches›, bei denen Bürgerinnen und Bürger friedlich auf der Strasse laufen», erklärt Mediensprecherin Selina Lerch auf Anfrage.

«Diese gewaltfreien Aktionen symbolisieren die Langsamkeit der Schweizer Klimapolitik. Und ruft alle Menschen dazu auf, das Tempo zu beschleunigen und jetzt zu handeln.» In welchen Städten diese Märsche stattfinden sollen, gibt Renovate nicht bekannt. Auch die Daten seien noch nicht bekannt.

Einige Bürger haben aber genug davon gesehen. Und begegnen den Klima-Aktivisten mit Unverständnis und zum Teil mit Gewalt: Autofahrer drohen Klimaaktivisten mit Schlägen, schleifen sie an den Haaren über den Asphalt oder fahren sie sogar an.

Das zeigt das Video eines besonders brutalen Vorfalls kürzlich in Deutschland: Ein LKW-Fahrer zieht einen Aktivisten von der Strasse und schubst einen anderen um. Dann steigt er wieder ein und fährt einfach los – einen der Aktivisten erfasst er und schleift ihn mit.

Stimmung teils «sehr aufgeladen»

Kein Einzelfall – ähnliche Videos gibt es Dutzende. Offenbar schlägt die Wut immer häufiger in Gewalt um, vor allem in Deutschland. Aber auch hierzulande sei die Stimmung teils «sehr aufgeladen», etwa am Gotthard, sagt Marie Seidel, Sprecherin von Renovate Switzerland.

Renovate Switzerland ist das Schweizer Pendant zur deutschen Gruppierung Letzte Generation. Beide Organisationen sorgen mit ihren Strassenblockaden immer wieder für Schlagzeilen. Aber auch für Ärger.

Gotthard Klima-Aktivisten Blockade Stau
Am diesjährigen Karfreitag blockierten Klima-Aktivisten von Renovate vor dem Gotthard für rund vierzig Minuten den Verkehr in Richtung Süden.
Gotthard Stau Klima-Blockade
Autofahrerinnen und Autofahrer vor dem Gotthard waren über die Aktion sichtlich unerfreut.
Gotthard Stau Ostern
Der Stau von 15 Kilometer nahm durch die Klebe-aktion um weitere vier Kilometer zu. Die Wartezeit betrug mehrere Stunden.
Gotthard Stau Ostern
Dennoch blieb die Maximallänge des Staus drei Kilometer unter der Maximallänge des Oster-Staus 2022.

Seidel erklärt: «Autofahrende versuchen durchzufahren, sie reissen die Banner ab oder beschimpfen die Menschen, die auf der Strasse sitzen.»

Und gesteht: «Klar, macht das Angst.» Denn: «Wer sitzt freiwillig auf eine Strasse und setzt sich der Wut der Menschen aus?» Davon wolle man sich aber nicht einschüchtern lassen.

Experte: Hetze führt zu mehr Gewalt an Aktivisten

Gewaltforscher Dirk Baier sieht besorgt auf die Gewaltausbrüche der Autofahrer. «Das ist ein absolutes No-Go. Das Gewaltmonopol liegt beim Staat und nicht bei jemandem, dessen Zeitplan durch Staus durcheinandergerät.»

Dass sich Übergriffe zu häufen scheinen, könnte laut Baier damit zu tun haben, dass die frustrierenden Proteste nicht aufzuhören scheinen. Ein weiterer Grund: Hetze. «Verbale Gewalt kann in echte Gewalt umschlagen.»

SVP spricht von «Klima-Terroristen»

Eine Partei, die in der Schweiz immer wieder gegen die Klima-Kleber schiesst, ist die SVP. Sie spricht von «Klima-Terroristen», die den «Umsturz unserer freiheitlichen und demokratischen Ordnung» wollten.

SVP
Kann mit den Klimaaktivisten wenig anfangen: SVP-Präsident Marco Chiesa. - keystone

In der Realität fordert Renovate Dinge wie einen Plan zur thermischen Sanierung aller Gebäude bis 2030.

Für die SVP Grund genug, um «knallharte Bussen», Haftstrafen und «mehrtägigen Gewahrsam» für «Wiederholungstäter» zu fordern. Für Baier reines Kalkül. Ziel sei lediglich, «Wählerstimmen zu sammeln – auf dem Rücken einer gewaltlos protestierenden Gruppe.»

Haben Sie Verständnis für die Aktionen der Klima-Kleber?

Er fordert deshalb, dass solche Themen sachlicher und versöhnlicher behandelt werden.

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