Eine Einbürgerung kann nicht allein aufgrund von Betreibungsregistereinträgen verweigert werden, entschied das Aargauer Verwaltungsgericht.
Schweizer Pass
Schweizer Pass. (Symbolbild) - keystone
Ad

Eine Einbürgerung einzig wegen Einträgen im Betreibungsregister zu verweigern ist nicht zulässig. Das Aargauer Verwaltungsgericht hat einer Kosovarin recht gegeben, die sich gegen einen ablehnenden Entscheid der Einbürgerungskommission des Grossen Rats wehrte.

Dass die Beschwerdeführerin während des Einbürgerungsverfahrens im Betreibungsregister verzeichnet gewesen sei, schliesse eine erfolgreiche Integration nicht grundsätzlich aus, schreibt das Aargauer Verwaltungsgericht in seinen Beschwerdeentscheid.

Betreibungen könnten zwar zur Beurteilung von Einbürgerungswilligen beigezogen werden. Im konkret Fall sei jedoch zu prüfen, «wie sich die Betreibungen der Beschwerdeführerin auf die Beurteilung der erfolgreichen Integration insgesamt auswirkt».

Betreibung als «Killerkriterium» unzulässig

Im Gegensatz zu gewissen Straftaten, die eine Einbürgerung verhinderten, seien einzelne Betreibungen als «Killerkriterium» nicht zulässig. Es kommt hinzu, dass die den Eintragungen im Betreibungsregister zugrundliegenden Forderungen laut Gericht beglichen sind.

Das Verwaltungsgericht kam daher zum Schluss, dass die Einbürgerungskommission erneut über das Gesuch entscheiden müsse. Die Angelegenheit sei angesichts der behördlich verursachten, ausserordentlich langen Verfahrensdauer von mittlerweile sieben Jahren «beförderlich zu behandeln».

Die entsprechende Bestimmung im Gesetz über das Kantons- und das Gemeindebürgerrecht (KBüG) sei verfassungswidrig.

Im Gesetz steht, dass der Betreibungsregisterauszug für die letzten drei Jahre vor Einreichung des Gesuchs und während des Verfahrens keine Betreibungen von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Sozialversicherungseinrichtungen oder Krankenkassen aufweisen dürfe.

Reaktion auf Urteil: Antrag zur Änderung der Bürgerrechtsgesetze

Das Alter der Frau ist nicht bekannt. Die Frau lebt seit dem Jahr 1992 in der Schweiz und arbeitet seit 2009 als selbständige Coiffeuse.

Seit Einreichung des Einbürgerungsgesuches im Februar 2017 in ihrer Wohngemeinde wurde sie Mutter von zwei Söhnen, deren Einbürgerung sie nachträglich beantragt hat.

Harry Lütolf Die Mitte Wohlen
Harry Lütolf, Einwohnerrat, Grossrat sowie Präsident der Partei «Die Mitte Wohlen». - z.V.g.

Als Reaktion auf das Urteil hat Grossrat Harry Lütolf (Mitte) am Dienstag einen Antrag im Parlament eingereicht. Er verlangt, dass der Kanton Aargau eine Standesinitiative einreicht zur Änderung der eidgenössischen Bürgerrechtsgesetze.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts untergrabe den Willen des Grossen Rates, der «mit voller Absicht diese Gesetzesbestimmung als absoluten Ausschlussgrund für eine Einbürgerung ausgestaltet» habe.

Lütolf schreibt, dass zur Vermeidung einer Betreibung in jedem Fall das Gespräch mit den Behörden und der Krankenkasse gesucht werden könne.

Komme es trotzdem zu einer Betreibung, stehe es den Einbürgerungskandidaten offen, «nach einer relativ kurzen (Sperr-)Frist von drei Jahren ein Einbürgerungsgesuch zu stellen».

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

KrankenkassenKrankenkasseParlamentMutterGesetzGericht