Drohungen und Hass: Schweizer Politiker unter Beschuss
Eine neue Umfrage der Universität Zürich zeigt ein besorgniserregendes Bild der Schweizer Politik: Fast alle Politiker erleben Drohungen und Hass.

Fast die gesamte Bundesversammlung ist mittlerweile von verschiedensten Formen aggressiver Übergriffe betroffen. Diese reichen von verbalen Attacken bis hin zu körperlichen Bedrohungen.
Die systematische Erfassung durch Forscher der Universität Zürich zeigt ein besorgniserregendes Bild der zunehmenden Verrohung im politischen Diskurs der Schweiz.
An der umfassenden wissenschaftlichen Erhebung nahmen insgesamt etwa 3'500 Politiker verschiedener Staatsebenen teil. Dokumentierte Fälle von Belästigung, Bedrohung und Gewalt gegen Politiker erreichen ein historisches Höchstmass, das dringend Gegenmassnahmen erfordert.
Drohungen und Hass gegen Schweizer Politiker nimmt zu
Die Bundesebene verzeichnet mit erschreckenden 98 Prozent betroffener Parlamentarier die höchste Angriffsdichte. Sie zeigt damit, dass nationale Politik besonders gefährlich geworden ist.
Kantonale Volksvertreter erleben zu drei Vierteln ähnliche traumatische Erfahrungen mit systematischen Feindseligkeiten, die ihre Arbeit und ihr Privatleben erheblich beeinträchtigen. Kommunalpolitiker sind mit 45 Prozent Betroffenheit weniger stark exponiert als ihre Kollegen auf höheren Ebenen.
Die mediale Sichtbarkeit und öffentliche Präsenz des jeweiligen politischen Amtes korreliert und messbar mit dem statistischen Risiko von Attacken. Das berichtet unter anderem das «SRF».
Ideologische Zielscheiben: Extreme besonders gefährdet
Politiker der politischen Randparteien tragen statistisch das höchste und messbar gefährlichste Risiko für Drohungen und Hass. SVP-Vertreter und Mitglieder der Grünen stehen mit 70 respektive 68 Prozent Betroffenheit an der absoluten Spitze, so «Bluewin».
Zentrumsparteien wie FDP und Die Mitte verzeichnen mit 45 Prozent niedrigere, aber immer noch bedenklich hohe Angriffszahlen gegen ihre Mandatsträger. Parteilose Mandatsträger bleiben mit nur 24 Prozent Betroffenheit vergleichsweise weitgehend verschont von den systematischen Attacken.

Daraus folge: Je extremer und kontroverser die vertretene politische Position, desto wahrscheinlicher und intensiver werden gezielte Anfeindungen.
Diskriminierung trifft Frauen und Minderheiten härter
Weibliche Politikerinnen erleben spezifische und besonders verletzende Formen der geschlechtsbezogenen Herabwürdigung und systematischen Hassrede.
Ihre männlichen Kollegen sind hingegen statistisch häufiger von direkten physischen Gewaltdrohungen und Vandalismus betroffen, was unterschiedliche Angriffsmuster verdeutlicht.
Angehörige ethnischer, religiöser oder sexueller Minderheiten werden gezielt und systematisch mit identitätsbezogenen Angriffen konfrontiert. Diese treffen ihre politische Arbeit und persönliche Würde gleichermassen.
Digitale und analoge Angriffswege im Wandel
Bundespolitiker werden vorwiegend über moderne Online-Plattformen und sozialen Medien, aber überraschend oft auch per traditioneller Briefpost systematisch attackiert und bedroht.
Die scheinbare Anonymität des Internets begünstigt dabei besonders aggressive, enthemmte und oft strafrechtlich relevante Äusserungen gegen die Mandatsträger.

Regional- und Lokalpolitiker erleben Anfeindungen laut dem «SRF» häufiger in Begegnungen auf der Strasse, bei Veranstaltungen oder vor ihrem Zuhause.
In Gemeindeparlamenten stammen die verbalen und teilweise physischen Attacken sogar mehrheitlich von politischen Konkurrenten aus anderen Parteien.
Rückzug aus der Öffentlichkeit als fatale Folge
Die langfristigen psychischen Auswirkungen von Diffamierungen und Rufschädigungen übertreffen alle anderen dokumentierten Angriffsformen in ihrer nachhaltigen Belastungsintensität und Traumatisierung.
Identitätsbezogene Hassrede und persönliche Herabsetzungen verursachen ebenfalls überdurchschnittlich starke emotionale Schäden, die oft professionelle therapeutische Hilfe erfordern.

Betroffene Frauen und Angehörige von Minderheiten ziehen sich «bluewin» zufolge als direkte Folge der Anfeindungen häufiger aus politischen Aktivitäten zurück.
Dieses systematische Vermeidungsverhalten bedroht die demokratische Repräsentation, politische Meinungsvielfalt und gleichberechtigte Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen nachhaltig und gefährlich.