Seit 2016 zwingt die französische Gesetzgebung Supermärkte, überschüssige Lebensmittel zu spenden. Nun werden Kantinen und die Industrie ins Visier genommen.
Frankreich Foodwaste Lebensmittel Spenden
Eine Reihe von Bars und Restaurants in einer Gasse in Frankreich. - pixabay
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Das Wichtigste in Kürze

  • Frankreich erlässt seit Jahren Gesetze zur Bekämpfung von Foodwaste.
  • Seit Anfang 2020 sollen auch Grosskantinen und die Industrie ihren Ausschuss minimieren.
  • Die gespendeten Lebensmittel kommen diversen Hilfswerken und Bedürftigen zugute.

Rund zehn Millionen Tonnen Lebensmittel werden in Frankreich jährlich entsorgt, dies entspricht ungefähr einem Fünftel der nationalen Produktion. Ungefähr ein Drittel der entsorgten Nahrungsmittel stammt von den Endverbrauchern. Sieben Prozent davon befinden sich noch in ihrer Verpackung und werden wegen des Überschreitens des Haltbarkeitsdatums entsorgt.

Der langjährige Kampf gegen Foodwaste

Das Problem des hohen Anteils an verwertbaren Lebensmitteln in den französischen Abfällen sei teilweise auf das Konsumverhalten der Franzosen zurückzuführen. «Wir sind es gewöhnt, dass Regale und Auslagen stets gut gefüllt sind», sagt Simon Baumert vom Strassburger Verein Zéro Déchet. Daher unternimmt die französische Gesetzgebung seit Jahren Schritte, um den französischen Foodwaste einzudämmen.

2013 begann die Regierung, dem Lebensmittelhandel die Entsorgung von verwertbaren Lebensmitteln zu verbieten. Erst wurden diese Massnahmen als freiwillig eingestuft, ab 2016 galten sie dann gesetzlich. Seither müssen Supermärkte mit einer Ladenfläche von mehr als 400 Quadratmetern die überschüssigen Lebensmittel an Hilfsorganisationen spenden.

Dieses Gesetz wurde Anfang 2020 nun auf die Lebensmittelindustrie, sowie auf Grosskantinen ausgeweitet. Mit dieser weiterführenden Massnahme wird Frankreich zu einem Pionier in der Bewegung gegen Foodwaste. Doch damit nicht genug, denn auch für die Zukunft hegt Frankreich Pläne für die überschüssigen Nahrungsmittel und die Verursacher hiervon.

Frankreichs Plan sieht vor, die Menge an weggeworfenen Lebensmitteln durch Handel und Vertriebe bis 2025 um die Hälfte zu reduzieren. Bis 2030 soll dieses Ziel auch von der nationalen Industrie erreicht werden können. Grosse Akteure dieser Nahrungsmittelindustrie müssen ihre jeweiligen Strategien und Massnahmen gegen die Verschwendung von Lebensmitteln zudem öffentlich zugänglich machen. Dies betrifft jene Unternehmen, die jährlich einen Umsatz von 50 Millionen Euro oder mehr erwirtschaften.

Frankreich Foodwaste Nahrungsmittel spenden
Die französischen Supermärkte und Kantinen müssen überschüssige Lebensmittel spenden, ansonsten drohen Geldbussen. - unsplash

Die Banque Alimentaire sammelt Spenden

In Illkirch-Grafenstadt, einem Vorort von Strassburg, hat die Hilfsorganisation Banque Alimentaire ihren Hauptsitz. Hierhin gehen die Spenden an Lebensmitteln aus Supermärkten und Discountern, die die Hilfsorganisation nun weiterverwenden kann. Die gespendeten Nahrungsmittel werden sortiert, elektronisch erfasst und schliesslich weitergegeben.

Die Sortierung der Lebensmittel verhindert die Weitergabe von verfaulten oder abgelaufenen Speisen. Trotzdem erhält die Banque Alimentaire auch Spenden wie Früchte, Gemüse, Fleisch und Tiefkühlprodukte. Die Lagerhalle in Illkirch-Grafenstadt verfügt deshalb über einen Kühlraum, in dem die Nahrungsmittel zwischengelagert werden können.

Im Computer werden die erhaltenen Spenden elektronisch erfasst. Aufgrund einer solch aufwändigen Logistik wäre es für die Hilfsorganisation anders nicht möglich, ihren Aufgaben nachzukommen. Besonders bei verderblichen Gütern darf es zu keiner unnötigen Verzögerung bis zur Weitergabe kommen.

Frankreich Banque Alimentaire Spenden
Hier werden bedürftige Menschen durch eine Hilfsorganisation unterstützt, die an die Banque Alimentaire angegliedert ist. - keystone

Anreize und Strafen für Handel und Industrie

Die Banque Alimentaire ist eines der wichtigsten Instrumente in der Umsetzung der französischen Gesetzgebung gegen Foodwaste. Allein der Hauptsitz in der Nähe von Strassburg verteilte letztes Jahr rund 2'600 Tonnen Nahrungsmittel an 103 Partner. Somit konnten 2'600 Tonnen Lebensmittel vor dem Entsorgen gerettet und an Bedürftige verteilt werden.

Dazu arbeitet die Banque Alimentaire mit ihren über 100 Partnerorganisationen zusammen, bestehend aus Hilfswerken, Vereinen und sozialen Läden. Die Spenden, die die Banque Alimentaire erhält, wurden schon vor vielen Jahren getätigt. Heute aber, besonders seit 2016, haben die Spenden kontinuierlich zugenommen.

Trotzdem versuchen Industrie und Handel seit Jahren, den Ausschuss an Lebensmitteln so gering wie möglich zu halten. Obwohl dies eigentlich eine erfreuliche Entwicklung im Sinne des französischen Gesetzes ist, leiden die Hilfsorganisationen darunter. Zum einen erhalten die Organisationen bei kleiner werdendem Ausschuss tendenziell weniger Spenden. Zum anderen steigt zudem die Gefahr, dass die Qualität der getätigten Spenden abnimmt.

Doch auch Anreize existieren für Supermärkte und Industriebetriebe, sollten sie überschüssige Nahrungsmittel spenden. Solche Spenden können bei der Steuer geltend gemacht werden, wodurch die Kosten gesenkt werden können. Hingegen drohen bei Verstössen gegen das Gesetz, bei nachweislichem Entsorgen verwertbarer Lebensmittel, Geldbussen.

SOS-Kinderdorf
SOS-Kinderdorf Schweiz unterstützt die Beiträge von Nau.ch zum Thema Spenden als Sponsor; hat auf deren Inhalt jedoch keinen Einfluss. Das politisch und konfessionell ungebundene Kinderhilfswerk gibt in über 135 Ländern Kindern in Not ein liebevolles Zuhause. Mindestens 80 Rappen von jedem Spendenfranken fliessen dabei direkt in die Projektarbeit zugunsten von Kindern in Not. - .
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