Inzwischen sind sie bei fast jeder Massnahmen-Demo dabei: Neonazis. Der rechtsextreme Hass ist während der Krise um das Coronavirus stärker geworden.
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Ein Mann mit einem Halstuch der rechtsextremen Gruppe «Junge Tat» an einer Demo zum Coronavirus in Bern. (Archivbild) - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Neonazis haben eine deutlich stärkere Präsenz bei Corona-Demos als zu Beginn der Pandemie.
  • In der Corona-Zeit hat der rechtsextreme Hass weltweit zugenommen.
  • Laut einem Experten haben viele Skeptiker unbewusst Neonazi-Gedankengut verinnerlicht.

Längst hat der rechtsextreme Hass die Szene der Corona-Massnahmengegner erreicht. In ihren Reihen breitet er sich seit dem Sommer zunehmend aus, immer wieder marschieren Neonazis bei den Protestzügen mit.

Die Bewegung scheint sich im Zuge der Krise um das Coronavirus gewandelt zu haben: Neue Gruppen wie die «Junge Tat» haben Bekanntheit erreicht, die rechtsnationale Partei Pnos dagegen ist verschwunden.

Skeptiker verinnerlichen unbewusst Neonazi-Gedankengut

Verschwörungstheorie-Experte Marko Kovic sagt auf Anfrage von Nau.ch dazu: «Es ist nicht ganz einfach, die Entwicklung der rechtsextremen Szene in der Schweiz zu beobachten, weil vieles im Hintergrund passiert.»

Er würde aber zwei Ebenen unterscheiden: «Eher klassische rechtsextreme Gruppierungen im physischen Raum und rechtsextremes Gedankengut im Internet

Marko Kovic coronavirus
Marko Kovic ist Soziologe und Experte für Verschwörungstheorien. - zvg

Und Letzteres ist weit verbreitet. Die schwarz gekleideten Männer an der Front von Corona-Demos sind Ausdruck einer internationalen Zunahme von rechtsextremem Hass. Das zeigt etwa eine britische Studie von 2021 zu Falschinformationen und Extremismus während der Pandemie.

Kovic verweist zudem auf Analysen von SRF, bei denen Telegram-Kanäle unter die Lupe genommen wurden. Er warnt: «Es wurde festgestellt, dass viele über ihre Präsenz in massnahmenkritischen Online-Kanälen rechtsextremen Hass als Weltanschauung verinnerlicht haben.» Und das teilweise, ohne es sich bewusst zu sein.

Neonazis «deutlich präsenter» an Demos zum Coronavirus

Am Mittwoch wurde bekannt, dass sich die rechtsextreme Partei Pnos auflöst. Das Fedpol hatte sie zuletzt als wenig gefährlich eingestuft, da sie auf Gewalt verzichtete. Hat die Auflösung mit neuen Gruppen zu tun, die in der Krise aufgetaucht sind?

Marko Kovic meint: «Ich kann mir vorstellen, dass die Pnos in der Pandemie sozusagen obsolet wurde.» Einzelne Parteimitglieder seien zu Corona-Zeiten bereits an anderen Orten in Erscheinung getreten. Zum Beispiel Ignaz Bearth, der frühere Präsident der rechtsextremen Partei DPS. «Bearth hat sich zum massnahmenkritischen Influencer gemausert.»

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Bei der Demo gegen die Massnahmen zum Coronavirus in Bern Ende Januar liefen Mitglieder der Gruppierung «Junge Tat» (links) ganz vorne mit.
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Neonazis haben heute eine deutlich stärkere Präsenz als zu Beginn der Pandemie, so Soziologe Marko Kovic.
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Kovic zufolge ist vielen Massnahmengegnern nicht bewusst, dass sie Neonazi-Gedankengut aufgenommen haben.

Dennoch: «Nach allem, was wir wissen, sind Neonazis immer noch eine kleine Minderheit bei den Corona-Protesten. Aber sie haben heute eine deutlich stärkere Präsenz als zu Beginn der Pandemie», sagt der Soziologe Marko Kovic.

Das Problem seien aber nicht die Neonazis an den Demos zu den Massnahmen gegen das Coronavirus. Sorgen bereitet Kovic vor allem die «breite Überschneidung» der rechtsextremen und der massnahmenkritischen Ideologien. «Das ist das eigentlich Gefährliche.»

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