Die Infektionen mit dem Coronavirus nehmen laut dem BAG weiter zu. Dennoch scheinen sich die Leute kaum mehr davor zu schützen. Schlimm? Experten ordnen ein.
Coronavirus
Ein inzwischen seltenes Bild: Leute tragen Masken, um ÖV zu fahren. (Archiv) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • In der Schweiz sind die Corona-Zahlen derzeit auf einem hohen Niveau.
  • Dennoch scheinen die Leute selbst die einfachsten Schutzmassnahmen vergessen zu haben.
  • Experten bestätigen dies, aber geben gleichzeitig auch Entwarnung.
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Die Corona-Pandemie gehört wohl für die meisten Menschen zu den Akten. Auch Schutzmassnahmen, die man im Alltag ergreifen kann, werden tendenziell seltener umgesetzt. Und dies, obwohl die Zahl der Ansteckungen laut dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) derzeit wieder hoch ist. Und die Grippe-Saison steht grösstenteils erst noch bevor.

Wer oft ÖV fährt, sieht immer häufiger dies: Viele niesen wieder die Hand statt in die Armbeuge. Und fassen dann im ÖV etwa die Haltestangen an. In Läden, wenn offen Früchte oder Gemüse angeboten werden, kommt es zu ähnlichen Szenen.

Armbeuge nicht nur wegen Corona besser als Hand

Infektiologe Jan Fehr von der Universität Zürich bestätigt diesen Eindruck auf Anfrage von Nau.ch: «Ich beobachte auch, dass man gewisse Sachen nicht mehr macht. Es ist erstaunlich, wie viel seit der Pandemie bereits vergessen gegangen ist.»

Denn eigentlich sollte man immer in die Armbeuge niesen. Zudem gilt: bei Fieber zu Hause bleiben, bei laufender Nase eine Maske tragen und generell die Hände regelmässig desinfizieren. Das helfe nicht nur gegen die Verbreitung des Coronavirus, sondern auch gegen die Verbreitung anderer Viren, mahnt Fehr.

Grippe
Mit der kälteren Jahreszeit gibt es auch wieder mehr Grippefälle.
Niesen
Eine einfache, aber wichtige Schutzmassnahme kann das Armbeugen-Husten oder -Niesen sein.
Desinfektion
Auch Händewaschen oder Desinfizieren kann helfen.
Coronavirus
Für viele ist das Thema seit dem Ende der Corona-Pandemie aber nicht mehr so präsent.
Maske
Masken im ÖV sieht man nur noch selten.

Ähnlich sieht das Virologe Andreas Cerny, wie er gegenüber Nau.ch erklärt: «Husten oder Niesen in die Armbeuge macht Sinn und schützt auch vor der Übertragung anderer Viren.»

Dennoch betonen beide Experten, dass die derzeitige Situation nicht mit derjenigen in den vergangenen Jahren zu vergleichen ist. Cerny erkärt: «Die Anzahl der Hospitalisationen durch oder mit Coronavirus ist bisher deutlich geringer als vor ein oder zwei Jahren.»

Hand aufs Herz: Wie niesen und husten Sie?

Fehr spricht mit Blick auf die diesjährige Saison von einer «ganz anderen Ausgangslage». Denn: «Das Immunsystem ist mittlerweile gut gegen bekannte Coronaviren gerüstet. Denn es hatte die letzten drei Jahre die Gelegenheit, sich damit auseinanderzusetzen und einen Immunschutz aufzubauen.»

Vor allem bei vulnerablen Personen könne eine Erkrankung aber immer noch schwer verlaufen, sagt Fehr. «Das dürfen wir nicht vergessen. Für sie ist eine Auffrischimpfung empfohlen.»

Oberflächen sind beim Coronavirus nicht das Hauptproblem

Angesprochen auf den konkreten Fall der Stangen im ÖV sagt Fehr, dass so zwar Viren übertragen werden können, aber: «Die Stangen sind nicht der Hauptübertragungsweg.»

Cerny sagt ebenfalls, dass die Ansteckung über verschmutzte Oberflächen eher selten sei. Im ÖV gibt es aber ein anderes Problem: «Das Zusammensein in engen, wenig gelüfteten Innenräumen begünstigt die Ansteckung. In Stosszeiten ist das auch im ÖV der Fall.»

jan fehr
Jan Fehr, Infektiologe und Leiter des Departements Public & Global Health an der Universität Zürich.
Coronavirus Virologe Andreas Cerny
Andreas Cerny ist Virologe in der Privatklinik Moncucco in Lugano TI.

Bei Früchten oder Gemüse in Läden ist die Lage ähnlich. Cerny erklärt: «Dieser Übertragungsweg ist selten, trotzdem sollte man korrekterweise Plastikhandschuhe verwenden.» In jedem Fall helfe es, sich regelmässig die Hände zu waschen.

Das Fazit: Vorsicht ist zwar angebracht, aber «ja keine Panik», wie es Fehr formuliert. «Man muss den richtigen Umgang mit den Viren finden. Das ist nicht nur eine Frage des Infektionsgeschehens, sondern auch eine gesellschaftliche Frage.»

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