Im Kanton Appenzell Ausserrhoden wurde der Piks gegen das Coronavirus unter Hypnose verabreicht. Doch wie funktioniert eine «Impf-Hypnose»? Ein Experte erklärt.
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Mijo Barbaric ist Hypnose-Therapeut. Auch er konnte seine Angst gegen Spritzen überwinden. - zurganzheit.ch/ Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Im Appenzell wurde Menschen während der Impfwoche unter Hypnose der Piks verabreicht.
  • Grundsätzlich ist jeder in allen Anliegen hypnotisierbar.
  • Ein Therapeut erklärt, wie eine solche Hypnose abläuft und wer dafür geeignet ist.
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Der Puls rast, der Angstschweiss rinnt entlang der Wirbelsäule nach unten. Je näher die Kanüle kommt, desto mehr spannt sich die Muskulatur an. Der Körper – in Alarmbereitschaft. Diesen Zustand dürften alle Menschen kennen, die unter Vaccinophobie – der Angst vor Impfungen – leiden.

Angst nach nur einer Sitzung weg

In Zeiten der Pandemie des Coronavirus ein ärgerliches Hindernis. Deshalb stellte der Kanton Appenzell Ausserrhoden während der Impfwoche Hypnose-Therapeuten zur Verfügung. Mittels Kurzhypnose wurde der Piks verabreicht. 15 Personen liessen sich damit ihre erste Dosis des Impfstoffs verabreichen.

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Die Impfung gegen das Coronavirus lässt viele Menschen mit Vaccinophobie zittern. - Keystone

Einer, der sich mit der Angst vor Spritzen auskennt, ist Mijo Barbaric. Er litt selbst Jahre lang unter der Phobie. «Ich habe im Internet nach einer Lösung gesucht. Und so bin ich zu meiner ersten Hypnose-Sitzung gelangt», erklärt Barbaric gegenüber Nau.ch.

Damals habe er noch nicht viel mit Hypnose, Coaching oder Persönlichkeitsentwicklung zu tun gehabt. Nach einer Sitzung war die Angst aber bereits weg. Und in den folgenden Jahren wechselte Barbaric seinen Beruf vom Informatiker zum Coach und Hypnose-Therapeut.

Zustand völliger Entspannung

Doch wie funktioniert die «Impf-Hypnose»? Mijo Barbaric erklärt, dass man erst zwischen Angst und Phobie unterscheiden müsse. «Beide bauen sich graduell auf. Bei unspezifischen Ängsten kann es mehrere Sitzungen brauchen, um das Problem zu lösen. Bei Phobien handelt es sich meist um so genannte Angst-Peaks. Sie beziehen sich auf ein sehr konkretes Thema und sind damit in der Regel noch rascher aufzulösen», so der Therapeut.

Die Peaks können beispielsweise mit Schweissausbrüchen, kalten Händen, Zittern usw. einhergehen. Gut zureden hilft hier nichts mehr. «Allerdings sind sie besser behandelbar, weil es sich eben um einen Peak – einen Ausschlag – handelt», erklärt Barbaric.

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Mijo Barbaric hat selbst durch Hypnose seine Angst vor Spritzen überwunden. - zurganzheit.ch

Wer Hypnose jetzt mit Kontrollverlust oder einem komatösen Zustand gleichsetzt, der irrt. «Das ist ein Trugschluss. Es handelt sich bei der Hypnose um einen Zustand völliger Entspannung. Körperlich, geistig und mental», so Barbaric. Seine Kunden würden zwischen 10 Sekunden und 20 Minuten benötigen, um dieses Level an Entspannung zu erreichen.

«Es fühlt sich an, wie kurz nach dem Aufwachen am Morgen. Man ist wach und doch irgendwie verträumt», erklärt der Therapeut. In diesem Zustand sei der Zugang zum Unterbewusstsein am einfachsten. Ängste und Phobien werden nun auf emotionaler Ebene angegangen und gelöst.

«Jeder ist hypnotisierbar»

Während der Hypnose spricht Barbaric ständig mit seinen Kunden. «Sie erklären mir, was sie sehen, spüren, hören. Das Ganze hat nichts mit Kontrollverlust zu tun. Eher ist es ein Zurückgewinnen der Kontrolle», so der Hypnose-Therapeut.

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So sieht sie aus in Filmen: die Hypnose. In Wirklichkeit spielt es sich ganz anders ab. - Pexels

Unerlässlich sei der Glaube daran. «Wer sich denkt, dass es sowieso nichts bringt, der sollte es auch nicht probieren.» Offenheit und Grundvertrauen seien die Minimalanforderungen. «Grundsätzlich ist jeder hypnotisierbar», sagt Barbaric. «Wir erleben diesen Zustand jeden Tag. Beispielsweise, wenn wir eine Serie schauen oder konzentriert arbeiten.»

Würden Sie sich hypnotisieren lassen?

Position bezieht Mijo Barbaric in Sachen Impfung nicht. «Jedes Individuum soll für sich entscheiden dürfen, ob eine Impfung das Richtige ist oder nicht – und zwar ausschliesslich für sich selber.» Er bietet Menschen mit Ängsten und Phobien aber die Möglichkeit auf Linderung dieser Bürden.

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