Hebammen sollten Beratungsgespräche wegen des Coronavirus telefonisch machen. Doch: Sie erhalten dafür keinen Lohn - und warten sehnlichst auf eine Lösung.
Hebamme
Eine Hebamme bei einem Hausbesuch. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Den freipraktizierenden Hebammen in der Schweiz fehlt es an Schutzkleidung.
  • Sie sollen vermehrt Beratungen via Telefon machen, doch diese können sie nicht abrechnen.

Viel Körperkontakt, mehrmals täglich Besuche in fremden Wohnungen und Gespräche unter vier Augen. Zum Berufsalltag von freipraktizierenden Hebammen gehört genau das, was in Zeiten des Coronavirus möglichst vermieden werden sollte.

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Die Hebammen kommen Mutter und Kind zwangsläufig nahe. - Keystone

Das stellt sie vor grosse Herausforderungen. «Social Distancing ist für die Arbeit der Hebammen, wenn man sie richtig machen will, gar nicht möglich.» Barbara Stocker, Präsidentin des Schweizerischen Hebammenverbandes, ist schwer besorgt.

Zum Beispiel bei der Brust- oder der Gebärmutterkontrolle oder auch bei der Bauchnabelpflege des Babys ist genügend Distanz unmöglich.

Telefongespräche nicht in Leistungsvertrag vorgesehen

Ein Notfallkonzept gibt den Hebammen in der Schweiz für die Zeit während der Coronavirus-Pandemie Empfehlungen ab. Darin heisst es unter anderem, dass alle Beratungsgespräche möglichst per Telefon oder Skype/Face-Time stattfinden sollten.

Denn zum Schutz der Frauen und Familien sowie der Hebamme selbst sollen Hausbesuche und direkter persönlicher Kontakt möglichst minimiert werden.

Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO und der internationale Hebammenverband empfehlen dieses Vorgehen. Doch es gibt einen grossen Hacken an der Sache: Die Hebammen können Leistungen per Telefon nicht abrechnen. Tun sie es trotzdem, würden sie somit Gratis-Arbeit verrichten.

Coronavirus
Geben Hebammen Ratschläge per Skype durch, können sie diese Arbeitszeit nicht abrechnen. - Keystone

«Wir warten auf Antwort», sagt Barbara Stocker. Am 11. März hatte der Hebammen-Verband bei den Versicherern eine entsprechende Anfrage respektive einen Vorschlag zur Abrechnung eingereicht. Nach zwölf Tagen kam die Antwort, das Bundesamt für Gesundheit BAG sei dafür zuständig. Es müsse dort ein umfassender Antrag eingereicht werden.

Seit fast zwei Wochen nun ist die Anfrage für die Übernahme von Telefonberatungen dort hängig. «Es wäre ja nur eine Übergangslösung», erklärt Stocker. In Deutschland sei den Hebammen diese Lösung wegen des Coronavirus bereits vor zwei Wochen kurzfristig bewilligt worden.

Kaum Schutzmaterial vorhanden

Doch nicht nur dies bereitet den freipraktizierenden Hebammen Sorgen. Zweite grosse Problematik: Es fehlt an Schutzmaterial wie Mundschutz, Überschürzen und Desinfektionsmittel für Hände und Geräte.

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Den Hebammen fehlt es für ihre Arbeit an der nötigen Schutzkleidung. - Keystone

Barbara Stocker ist «erschüttert darüber, dass die Kantone keine Materialdepots haben und bei Krisenstäben die Hebammen vergessen gingen».

Mittlerweile habe der Verband zwar einige Angebote für die Beschaffung von Schutzmaterial erhalten, doch die Situation bleibe schwierig. Vor allem weil die Frage, wer für diese zusätzlichen Kosten aufkommt, nicht geklärt sei.

Beistand der Hebamme heuer umso wichtiger

Eine Unterstützung der Hebammen wäre zurzeit umso wichtiger, weil die Spitäler die Frauen nach der Geburt früher als sonst aus dem Wochenbett entlassen. Dann sind die frischgewordenen Mütter zu Hause mit ihren Neugeborenen abgeschottet. Da kann der Beistand und die Betreuung durch die Hebamme - ob per Telefon oder unter vier Augen - eine grosse Rettung sein.

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