Grossratskommission will keine Bestimmungen zum Vermögensverzicht
Die erste Lesung der Revision des Sozialhilfegesetzes birgt einiges an Zündstoff und dürfte in der Septembersession des Berner Kantonsparlaments zu reden geben.

Wer vor dem Eintritt in eine Alterseinrichtung seine Wohnung den Nachkommen günstig verkauft und dann sozialhilfebedürftig wird, soll für den Vermögensverzicht nicht bestraft werden. Dies ist eine von zahlreichen Forderungen, die die vorberatende Grossratskommission zur Revision der bernischen Sozialhilfegesetzgebung aufgestellt hat.
Die erste Lesung der Revision des Sozialhilfegesetzes birgt einiges an Zündstoff und dürfte in der Septembersession des Berner Kantonsparlaments viel zu reden geben.
Die bürgerlich dominierte Gesundheits- und Sozialkommission des Grossen Rates (GSoK) begrüsst laut Mitteilung vom Donnerstag verschiedene Aspekte der Gesetzesrevision wie das neue Fallführungssystem oder der Verzicht auf die Rückerstattung von Sozialhilfe, wenn Betroffene ihre finanzielle Lage aufgrund eines höheren Einkommens verbessern konnten. Mit Letzterem werde ein bestehender Fehlanreiz beseitigt.
Auch die zusätzlichen Kompetenzen der Fachstelle Sozialrevisorat gegenüber den Sozialdiensten der Gemeinden stossen in der vorberatenden Kommission grundsätzlich auf Zustimmung. Trotz Übereinstimmung mit der Regierung in manchen Punkten möchte die Kommission in der Parlamentsdebatte verschiedene Änderungen durchbringen.
So sollen beispielsweise Gemeinden, die die Sozialhilfegesetzgebung mangelhaft umsetzen, nicht nur mit maximal 20'000 Franken gebüsst werden können, sondern mit 100'000 Franken. Die von der Regierung vorgeschlagene Maximalbusse wirke zu wenig disziplinierend, findet die Kommission.
Weiter möchte die Kommission erreichen, dass Personen bei der Bemessung der Sozialhilfe nicht für Vermögensverzicht bestraft werden. Dies beispielsweise dann, wenn sie vor einem Altersheimeintritt ihre Liegenschaft billig an Nachkommen verkaufen und dann Sozialhilfe beziehen. Bei der Bemessung der Sozialhilfe dürfe der Vermögensverzicht nicht ins Gewicht fallen.
Kommission in der Frage eines neuen Selbstbehaltmodells gespalten
Die GSoK erachtet die bestehende Verwandtenunterstützungspflicht und die Rückzahlungspflicht bei grobem Selbstverschulden als ausreichend, um Missbräuche zu bekämpfen.
Beim Tod einer Sozialhilfe beziehenden Person sollen die überlebenden (Ex)-Partner und Kinder in Ausbildung nicht zu Rückerstattungen etwa aus Lebensversicherungen oder der Säule 3a verpflichtet werden, auch das eine Forderung der Kommission.
Gespalten ist die Kommission in der Frage eines neuen Selbstbehaltmodells. Es sieht vor, dass Gemeinden – trotz eines grundsätzlich solidarischen Kostenverteilers – einen Teil ihrer Sozialhilfekosten selbst tragen. Dieser Selbstbehalt soll dann an die Gesamtheit der Gemeinden zurückerstattet werden. Dabei sollen die individuellen Soziallasten einer Gemeinde berücksichtigt werden.
Die Befürworter des neuen Modells erhoffen sich von dem Selbstbehalt einen stärkeren Anreiz für die Gemeinden, die Kosten der Sozialhilfe zu senken.
Die Notwenigkeit und Genauigkeit eines solchen Modells war in der Kommission umstritten. Letztlich sprach sich eine knappe Mehrheit aber dafür aus.
Eine starke Minderheit der Kommission wehrt sich vehement gegen diesen Selbstbehalt. Das Modell bilde die Soziallasten der Gemeinden nicht korrekt ab und setze Fehlanreize zu Ungunsten der Sozialhilfebeziehenden, so die Kritik.
Eine Minderheit der Kommission ist ausserdem gegen die Einführung einer Bezahlkarte im Asylwesen und gegen eine Verlängerung der Verjährungsfristen bei der Rückerstattungspflicht. Auch eine Verlängerung der Verjährungsfristen der Rückerstattungspflicht lehnt die Minderheit ab.