Pierre Beck habe nicht gegen das Heilmittelgesetz verstossen. Zu diesem Schluss kommt das Bundesgericht. Damit kippt es das Urteil des Kantons Genf.
Pierre Beck
Pierre Beck, ehemaliger Vize-Präsident von der Sterbehilfeorganisation Exit Schweiz Romandie. (Archivbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Bundesgericht hat das Urteil des Kantonsgerichts Genf gegen Pierre Beck aufgehoben.
  • Er soll gegen das Heilmittelgesetz verstossen haben. Deshalb wurde er verurteilt.
  • Die Ansicht teilt das Bundesgericht nicht. Es argumentiert mit dem Betäubungsmittelgesetz.
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Das Bundesgericht hat die Verurteilung des ehemaligen Vizepräsidenten der Sterbehilfeorganisation Exit Schweiz Romandie, Pierre Beck, aufgehoben. Der pensionierte Arzt hatte 2017 einer gesunden 86-jährigen Frau geholfen, zusammen mit ihrem schwer kranken Mann zu sterben.

Die Lausanner Richter entschieden am Donnerstag, dass sich die Genfer Justiz erneut mit dem Fall befassen muss. Beck war zuvor wegen Verstosses gegen das Heilmittelgesetz (HMG) verurteilt worden.

Beck beging den Verstoss, als er dem Wunsch einer Frau entsprach und ihr ein in Überdosen tödlich wirkendes Schlafmittel verschrieb. Das Mittel verabreichte die gesunde und urteilsfähige Frau sich selbst. Der pensionierte Arzt wurde zu einer Geldstrafe von 2400 Franken bei einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

Bundesgericht teilt Einschätzung nicht

Das höchste Schweizer Gericht kommt nun zu einer anderen Einschätzung als das Kantonsgericht. Nach Ansicht der Lausanner Richter muss in diesem Fall das Betäubungsmittelgesetz zur Anwendung kommen anstatt das Heilmittelgesetz. Grund dafür ist, dass der Angeklagte das Mittel an eine gesunde und nicht an eine kranke Person weitergegeben hat.

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Das Bundesgericht in Lausanne. - Keystone

Das Gericht habe einzig zu entscheiden, ob er sich mit der Verschreibung von Natriumpentobarbital an eine gesunde Person strafbar machte. Dies hält das Bundesgericht in seinem Urteil fest. Das Heilmittelgesetz finde auf Betäubungsmittel wie Natriumpentobarbital Anwendung, soweit diese als Heilmittel eingesetzt würden.

Bei einem krankheitsbedingten Suizidwunsch verfolge die Verabreichung von Natriumpentobarbital zumindest im weitesten Sinne einen therapeutischen Zweck. Nämlich die Verkürzung von krankheitsbedingtem Leiden. Im konkreten Fall handle es sich indessen nicht um einen durch eine Krankheit physischer oder psychischer bedingten Suizidwunsch.

«Bilanzsuizid»

Vielmehr liege ein sogenannter «Bilanzsuizid» einer gesunden Person vor, urteilte das Bundesgericht. Unter dem umstrittenen Begriff verstehen Experten einen Freitod, der auf einer mehr oder weniger rationalen Abwägung von Lebensumständen basiert.

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Für die Verschreibung gab es laut Bundesgericht keinen medizinischen Indikator. - Keystone

Laut Bundesgericht liegt bei einem «Bilanzsuizid» einer gesunden Person für die Verschreibung keinerlei medizinische Indikation vor. Das Mittel werde dabei auch nicht im weitesten Sinne therapeutisch eingesetzt.

Die Lausanner Richter kamen deshalb zum folgenden Schluss: «Damit fällt eine Verurteilung auf Basis des HMG im vorliegenden Fall ausser Betracht und erweist sich als bundesrechtswidrig.» Damit bleibe zu prüfen, ob die Verschreibung von Natriumpentobarbital an eine gesunde Person nach dem Betäubungsmittelgesetz zu sanktionieren wäre.

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