Im vergangenen Jahr hat die Bundesanwaltschaft (BA) 21 neue Terrorverfahren eröffnet, was einem Anstieg von rund 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht.
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Die Bundesanwaltschaft (BA) eröffnete im vergangenen Jahr 21 neue Terrorverfahren. Das ist ein Anstieg von rund 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. (Symbolbild) - AFP/Archiv

Per Ende 2023 sind bei der Bundesanwaltschaft 500 Strafuntersuchungen hängig gewesen. So viele wie seit Jahren nicht mehr. Bundesanwalt Stefan Blättler erwartet, dass etwa die Terror- und Cyberfälle weiter zunehmen dürften – und fordert zusätzliche personelle Mittel.

21 neue Terrorverfahren eröffnete die Bundesanwaltschaft (BA) im vergangenen Jahr. Rund 50 Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahr, wie der am Donnerstag publizierte Tätigkeitsbericht zeigt. Insgesamt waren per Ende Jahr 121 Strafverfahren in diesem Bereich hängig – ein Höchststand seit 2016. «Ich kann nicht prognostizieren, dass dieser Trend abflaut», sagte Blättler in Bern vor den Medien.

Täter immer jünger

Zudem würden die mutmasslichen Täter immer jünger, seien zum Teil minderjährig. Eine Entwicklung, die Blättler Sorgen bereitet. «In diesen Fällen greift das Jugendstrafrecht, die Gerichtsbarkeit liegt bei den kantonalen Jugendanwaltschaften, die nicht auf Terrordelikte spezialisiert sind.»

Es stelle sich deshalb die Frage, wie künftig mit jugendlichen radikalisierten Straftätern umzugehen sei, sagte Blättler. «Es geht um Sanktions- und um Sicherheitsfragen.» Er habe kein Patentrezept, wolle diese Fragen aber in den Raum stellen.

Zunahme vov Cyberkriminalität erwartet

Auch die Verfolgung der Cyberkriminalität stellt die BA gemäss Tätigkeitsbericht vor immer grössere Herausforderungen. «Ich erwarte in den nächsten Jahren eine sehr starke Zunahme von Fällen im Cyberraum», sagte Blättler. Schon 2023 habe sich die Zahl der neu eröffneten Cyberfälle im Vorjahresvergleich verdoppelt.

Die Strafverfolgung sei darauf angewiesen, dass genügend und gute Ermittler vorhanden seien, führte Blättler aus. Er gab zu bedenken. «Man kann nie genug Mittel haben, und zwar für alle Arten von Ermittlungen.»

Im Zentrum des öffentlichen Interesses steht neben Terror- und Cyberfällen auch der Kampf gegen die Mafia. Bereits Anfang 2023 hatte die BA festgestellt, dass die Bundeskriminalpolizei nicht mehr über genügend Ressourcen verfüge, um die neuen Verfahren zu bewältigen. Sie forderte deshalb zusätzliches Personal für das Bundesamt für Polizei (Fedpol).

Viele Fälle pendent wegen Personalmangel

Bundesanwalt Blättler sagte zur Ressourcenfrage, dass er sich in ständigem Austausch mit dem Parlament befinde. Dieses habe zu prüfen, ob die Rechtsgrundlagen für die Strafverfolgungsbehörden in der Schweiz genügend seien. «Ich füge mich dem Willen des Parlaments.» Klar sei aber, dass mit zu wenig Personal viele Fälle pendent blieben.

Teil der Lösung könnte sein, kleinere Fälle von der BA abzuziehen. «Wenn in Poschiavo ein Robidog gesprengt wird, ist das lästig, muss aber nicht in Bern behandelt werden», sagte Blättler zur zunehmenden Zahl von zu bearbeitenden Bagatellfällen. Er betonte, dass es ihm nicht darum gehe, die Arbeitslast den Kantonen zuzuschieben. Er begrüsse aber die Diskussionen über verschiedene Reformen im Strafrecht.

Aus seiner Sicht bedürfte es auch einer strengeren Handhabe gegen fehlbare Unternehmen im Bereich der Wirtschaftskriminalität. Die Bussen im Firmenstrafrecht seien heute insbesondere für Milliardenkonzerne zu tief, um eine abschreckende Wirkung zu entfalten. Auch die Einführung einer Kronzeugenregelung müsse diskutiert werden.

Strafverfolgungsbehörden sollen «zeitgemässe rechtliche Instrumente» erhalten

Zum vom Bundesrat am Mittwoch verabschiedete Massnahmenpaket zur Bankenregulierung wollte sich Blättler noch nicht ausführlich äussern. «Wir haben es zur Kenntnis genommen und werden es genau anschauen», sagte er. Und betonte die «gute und enge Zusammenarbeit» mit der Finanzmarktaufsicht (Finma).

Insgesamt plädiert der Bundesanwalt dafür, dass die Strafverfolgungsbehörden «zeitgemässe rechtliche Instrumente» erhalten. Die Strafverfahren und Rahmenbedingungen würden immer komplexer. Umso wichtiger sei es, dass die BA die begrenzten Ressourcen zielführend einsetze.

Je länger, je wichtiger wird laut Blättler die forensische Finanzanalyse. «Das ist so etwas wie eine Finanzpolizei.» Es sei notwendig, auch zu diesem Bereich der BA Sorge zu tragen. Blättler erwähnte in diesem Zusammenhang neue Instrumente für die Nachverfolgung des Zahlungsverkehrs und von Kryptowährungen.

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