Aargauer Parlament entscheidet über strengere Einbürgerungsregeln
Der Aargauer Regierungsrat will strengere Regeln für Einbürgerungen: Wer den Pass erhalten möchte, soll künftig besser Deutsch sprechen und schreiben können.

Der Aargauer Regierungsrat hat das verschärfte Einbürgerungsgesetz dem Grossen Rat zugestellt. Ausländerinnen und Ausländer, die den Schweizer Pass erwerben wollen, müssen unter anderem besser Deutsch reden und schreiben können als vom Bund vorgegeben.
Wer den Schweizer Pass will, soll in Deutsch mündliche Sprachkompetenzen mindestens auf dem Referenzniveau B2 und schriftliche Sprachkompetenzen mindestens auf dem Referenzniveau B1 nachweisen, wie aus der am Freitag veröffentlichte Botschaft des Regierungsrats hervorgeht.
Der Grosse Rat hatte eine entsprechende SVP-Motion gegen den Willen des Regierungsrats überwiesen. Dieser lehnt diese Verschärfung nach wie vor ab.
Strenge Anforderungen könnten zu Rückgang führen
Die strengen Sprachanforderungen würden tendenziell zu einem Rückgang der Einbürgerungen führen. Vor allem bildungsferne einbürgerungswillige Personen würden davon abgehalten, ein Einbürgerungsgesuch zu stellen.
Die geplante Regelung geht über die vom Bund vorgegebene Mindestvorschrift hinaus. Der Bund schreibt vor, dass die mündliche Sprachkompetenz das Referenzniveau B1 und die schriftliche Sprachkompetenz das Referenzniveau A2 erreichen muss.
Sprachniveau B2 mündlich bedeutet, dass eine Person an Diskussionen zu vertrauten und fachlichen Themen teilnehmen kann und seine Meinung klar äussern, Argumente geben und auf Gegenargumente ohne grosse Anstrengungen reagieren kann.
Sprachniveau B1 schriftlich entspricht der Mittelstufe. Die Person kann einfache Briefe und Mails schreiben. Kleinere Grammatik- oder Rechtschreibfehler sind zulässig, solange sie das Verständnis nicht gefährden.
Verfassungskonforme Verschärfungen
Nicht jede vom Parlament und von bürgerlichen Parteien geforderte Verschärfung lässt sich wörtlich umsetzen, wie der Regierungsrat klar macht. Er weist in der Botschaft wiederholt darauf hin, dass solche Verschärfungen verfassungskonform sein müssten. Er verweist auch auf Beschwerdeentscheide des Verwaltungsgerichts hin.
Es geht etwa um einen strengeren strafrechtlichen Leumund. Die geplante Verschärfung betrifft die Sistierung des Einbürgerungsverfahrens im Falle von hängigen Strafverfahren – egal um welche Art von strafrechtlich relevantem Tatbestand es sich handelt.
Zudem soll es neu eine Wartefrist von zwei Jahren geben, wenn ein Einbürgerungsgesuch wegen eines schlechten strafrechtlichen Leumunds abgelehnt wurde.
Betreibungen: Mehr Klarheit gewünscht
Bei Betreibungen will der Regierungsrat mehr Klarheit. So sieht das geltende Recht vor, dass der Betreibungsregisterauszug für die letzten drei Jahre vor Einreichung des Gesuchs und während des Verfahrens keine Betreibungen von öffentlichrechtlichen Körperschaften, Sozialversicherungen oder Krankenkassen aufweisen darf.
Ansonsten ist eine Einbürgerung nicht möglich. Diese Regelung kann laut Regierungsrat in dieser Absolutheit zu unverhältnismässigen und damit verfassungswidrigen Resultaten führen. Deshalb solle sie aufgehoben werden.
So könnte eine einzige Betreibung einer Krankenkasse über beispielsweise 30 Franken dazu führen, dass eine Person nicht eingebürgert werde.
Neue Zuständigkeiten bei Ablehnungen
«Dies selbst dann, wenn lediglich vergessen ging, die Rechnung zu bezahlen, der ausstehende Betrag längst beglichen ist und keine anderen Gründe gegen eine Einbürgerung sprechen», wie es in der Botschaft heisst.
Neu soll nicht mehr zuerst der Regierungsrat über ein von der Gemeinde abgelehntes Einbürgergesuch entscheiden, sondern direkt das Verwaltungsgericht. Auf diese Weise soll es schneller einen Entscheid nach juristischen Kriterien geben.
Der Regierungsrat will sich nach eigenen Angaben von dieser Arbeit entlasten. Ein Entscheid des Verwaltungsgerichts kann letztlich ans Bundesgericht weitergezogen werden.
Die Grosse Rat soll weiterhin über die Erteilung des Kantonsbürgerrechts entscheiden. Der Regierungsrat hatte geprüft, ob das kantonale Departement Volkswirtschaft und Inneres als zuständig erklärt werden soll. Diese Möglichkeit liess der Regierungsrat jedoch fallen, «da eine Änderung der Zuständigkeit im Parlament voraussichtlich kaum mehrheitsfähig sein dürfte».
Der Regierungsrat geht davon aus, dass das revidierte Gesetz nach zwei Beratungen im Grossen Rat auf den 1. Juli 2027 in Kraft treten wird.