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Studie: Negativer Nebeneffekt bei Widerspruchslösung bei Organspende

Keystone-SDA
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Bern,

Einer neuen Studie zufolge gibt es bei der Widerspruchslösung in der Organspende eine unerwartete Nebenwirkung. Hintergrund könnte ein Missverständnis sein.

Organspende Karte Widerspruchslösung
Einer Studie zufolge kann die Widerspruchslösung bei der Organspende zu einem Rückgang der Lebendspender führen. (Symbolbild) - keystone

Die sogenannte Widerspruchslösung in der Organspende hat laut einer neuen Studie unerwünschte Nebenwirkungen. Wo sie eingeführt wurde, stiegen die Spenden von Verstorbenen zwar leicht, gleichzeitig sank aber die Zahl der Lebendspender spürbar.

Die Organspendestiftung Swisstransplant warnt allerdings vor vorschnellen Schlüssen. «Die Arbeit ist sehr monothematisch unterwegs», sagte Swisstransplant-Direktor Franz Immer zur Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Das Schweizer Stimmvolk hat die sogenannte erweiterte Widerspruchslösung im Jahr 2022 angenommen. Damit gelten alle Personen als Organspenderinnen oder Organspender, die dies nicht zu Lebzeiten abgelehnt haben.

Die Angehörigen können einer Organentnahme aber nach wie vor widersprechen, wenn sie wissen oder vermuten, dass die verstorbene Person ihre Organe nicht hätte spenden wollen. In Kraft treten wird die neue Regelung nach Angaben des Bundesamts für Gesundheit (BAG) frühestens im Frühling 2027.

Auswertungen internationaler Daten

Eine in der neusten Ausgabe der Fachzeitschrift «Pnas Nexus» veröffentlichte Studie zeigt nun, wie sich die Spenderzahlen in Ländern entwickelt haben, die bereits eine Widerspruchslösung eingeführt haben. Dafür wertete ein internationales Forschungsteam um Pascal Güntürkün von der Wirtschaftsuniversität Wien Daten aus 24 Staaten aus, die zwischen 2000 und 2023 entsprechende Regelungen umgesetzt haben.

Das Ergebnis: Die Widerspruchs-Regelung führte in diesen Ländern durchschnittlich zu einem Anstieg der verstorbenen Organspender um 1,21 Personen pro Million Einwohner. Dieser Anstieg um etwa sieben Prozent ist statistisch nicht signifikant.

Gleichzeitig sank die Zahl der Lebendspender deutlich – um 4,59 Personen pro Million Einwohner, was einem Rückgang von rund 29 Prozent entspricht.

Erklärungsversuche für den Rückgang

Das Forschungsteam erklärt den Rückgang mit einem sogenannten «Crowding-out-Effekt»: Durch die Annahme, dass die Organspende durch verstorbene Spender ausreichend gesichert sei, sinke die Bereitschaft, zu Lebzeiten selbst zu spenden.

Dieser Effekt zeigte sich besonders bei altruistischen Spenden, also bei solchen an Freunde oder Fremde, während Spenden an Familienmitglieder weitgehend stabil blieben.

Für den Swisstransplant-Direktor Immer ist dieses Resultat nicht überraschend. «Aus unserer Sicht ist es klar, dass die erweiterte Widerspruchsregelung alleine keinen Anstieg der Organspenderate nach sich ziehen wird», sagte er. Auch ein Rückgang der Lebendspenden von Nieren wäre für ihn keine Überraschung.

Die Rolle der Wartezeit

Entscheidend seien dafür vor allem die Wartezeit auf ein Organ einer verstorbenen Person. Verkürzten sich diese Wartezeiten, werde der Anreiz für eine Lebendspende geringer.

«Der Entscheid zur Organspende ist multifaktoriell», betonte Immer. Neben der Widerspruchslösung spielten zahlreiche weitere Faktoren eine Rolle. Etwa die Qualität und Transparenz der Information sowie das Vertrauen der Bevölkerung in das Gesundheitssystems. Diese Aspekte würden in der Studie nicht berücksichtigt.

So habe sich die Verfügbarkeit von Spendeorganen in verschiedenen Ländern unterschiedlich entwickelt. Für die Schweiz erwartet Swisstransplant nach Einführung der erweiterten Widerspruchslösung einen langsamen, aber stetigen Anstieg der Zustimmungsrate von heute rund 40 Prozent, bis sie sich im Bereich von 60 Prozent einpendeln wird.

Kommentare

User #5004 (nicht angemeldet)

Einfach Wiederbelebungsaktionen schriftlich ablehnen. Keine Rega, nix. Dann kann man so sterben wie es sein sollte ohne Maschinen, Gstürm und Herauszögern des Unvermeidlichen. Dann tsugt man nicht mehr als Ersatzteillager.

User #5004 (nicht angemeldet)

Lebendspenden unter Familienangehörigen gehen ja noch aber alles andere gehört verboten. Billig ist solche Frankensteinmedizin auch nicht und niemand redet davon, wie und wie lange man da weiter lebt.

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