Die Schönheit von Landschaften lässt sich nun messen. Schweizer und niederländische Forscher konnten dies dank Künstlicher Intelligenz und Flickr erreichen.
KI misst Landschafts-Schönheit
Der Snowdonia National Park in Wales wurde von Flickr-Usern als besonders ästhetisch und wohltuend empfunden. - sda - Flickr
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Schönheit von Landschaften kann nun gemessen werden.
  • Forscher machen dies dank Künstlicher Intelligenz und Flicker möglich.

Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Aber das lässt sich simulieren: Forscher aus der Schweiz und den Niederlanden haben einen Ansatz entwickelt, wie sich die Schönheit von Landschaften messen lässt. Erreicht wurde das dank Künstlicher Intelligenz (KI) und Flickr.

Das Modell ist das erste, das einen derart breiten und genauen Einblick in die Wertschätzung von Landschaften durch Einzelpersonen bietet. Damit liefert es Grundlagen für die Umweltpolitik. Entwickelt wurde es von Wissenschaftlern der ETH Lausanne (EPFL) und der Universität Wageningen (NL), wie die EPFL am Freitag mitteilte. Die Forschungsergebnisse wurden in «Scientific Reports» veröffentlicht.

Flickr bietet 9 Millionen Bilder

Das Modell basiert auf rund neun Millionen Bildern, die auf Flickr gepostet wurden. Die Wissenschaftler trainierten einen Deep-Learning-Algorithmus auf über 200'000 Fotos von Landschaften in Grossbritannien aus der Scenic-Or-Not-Datenbank. Diese Fotos wurden im Rahmen einer Crowdsourcing-Umfrage nach ihrer ästhetischen Qualität, der «scenicness», bewertet.

Das Forscherteam liess dann sein Deep-Learning-Modell auf über neun Millionen Flickr-Bildern laufen. Es bezog auch andere KI-basierte Modelle in seine Vorhersagen zur landschaftlichen Schönheit ein. Schliesslich verglichen sie die Ergebnisse ihres Modells mit denen eines herkömmlichen, auf Umweltindikatoren basierenden Modells.

Bei höherer Auflösung zeigen sich Unterschiede

Bis zu einer Auflösung von 5 Quadratkilometern waren die Ergebnisse beider Modelle identisch: Glasgow wurde als unattraktiv qualifiziert, der Snowdonia National Park in Wales und die schottischen Highlands dagegen als schön und wohltuend.

Bei einer Auflösung von 500 Quadratmetern zeigten sich aber Unterschiede, und das Flickr-Modell erwies sich als genauer. Der Grossraum London, der Richmond Park und der Flughafen Heathrow wurden vom konventionellen Modell als landschaftlich sehr reizvolle Gebiete vorhergesagt. Das Flickr-Modell hingegen stufte sie als ausgesprochen unattraktiv ein.

Ästhetik im Zusammenhang mit Jahreszeiten

In einem weiteren Experiment untersuchte das Forscherteam, wie ästhetische Faktoren mit den Jahreszeiten zusammenhängen. Hier erwies sich das Flickr-Modell als genauer: So wurde festgestellt, dass die Wertschätzung von Schnee zunahm, wenn die Menschen eher verschneite Landschaften besuchten. Das herkömmliche Modell deckte sich dagegen ganz einfach mit dem Wetterbericht.

«Die Nutzung von Daten aus sozialen Medien liefert eine Kombination von Informationen über den Zustand der Umwelt. Und die Interaktion der Menschen mit ihr.» Dies sagt Devis Tuia, ausserordentlicher Professor am Environmental Computational Science and Earth Observation Laboratory der EPFL. «Solche Informationen wurden noch nie zuvor mit einem so hohen Grad an Genauigkeit gewonnen.»

Hilfe für Umweltschutzpolitik

In einem nächsten Schritt wollen die Forscher das Modell auf andere Länder anwenden. Zu diesem Zweck müssen sie nach eigenen Angaben einen Weg finden, um KI-Algorithmen anhand lokal relevanter Kriterien zu trainieren. Entsprechende Projekte werden bereits in den Niederlanden, Spanien und anderen europäischen Ländern durchgeführt. Damit wird die Umweltschutzpolitik in ganz Europa unterstützt.

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