Aleida und Jan Assmann fordern Grundkonsens in der Demokratie

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Deutschland,

Über die Erforschung des kulturellen Gedächtnisses von Gesellschaften erhalten Aleida und Jan Assmann den Friedenspreis in der Frankfurter Paulskirche.

Das Forscherpaar Aleida und Jan Assmann wird in der Frankfurter Paulskirche mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet.
Das Forscherpaar Aleida und Jan Assmann wird in der Frankfurter Paulskirche mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Kulturwissenschaftler Jan und Aleida Assmann erhalten den Friedenspreis.
  • Bei ihrer Dankesrede betonen sie die Wichtigkeit des Grundkonsens in der Demokratie.

Die Kulturwissenschaftler Aleida und Jan Assmann haben heute Sonntag in der Frankfurter Paulskirche den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels entgegengenommen. In ihrer Dankesrede forderten sie einen Grundkonsens in der Demokratie wie die Werte der Verfassung oder die Gewaltenteilung. «Nicht jede Gegenstimme verdient Respekt», betonte das Ehepaar. Wer die Meinungsfreiheit untergraben wolle, habe kein Respekt verdient.

«In der Demokratie kann man das Denken nicht delegieren und den Experten, Performern oder Demagogen überlassen», stellten die Wissenschaftler vor knapp 1000 Gästen bei der feierlichen Verleihung fest. Pöbeleien wie vor einigen Wochen in Chemnitz legten die Demokratie lahm. Diese lebe nicht vom Streit, sondern vom Argument.

Die beiden 71 und 80 Jahre alten Forscher haben sich mit Forschungen zur Erinnerungskultur von Gesellschaften – vom alten Ägypten bis zur Gegenwart – einen Namen über Deutschland hinaus gemacht. Die Kulturwissenschaftler hätten ein Werk geschaffen, «das für die zeitgenössischen Debatten und im Besonderen für ein friedliches Zusammenleben auf der Welt von grosser Bedeutung ist», begründete der Stiftungsrat die Auszeichnung für die beiden.

Nationales Gedächtnis für Selbsterkenntnis und Reflexion

Die Gesellschaft brauche ein nationales Gedächtnis, betonten die Forscher. Man könne aber heute nicht mehr nahtlos «an alte Fantasien von Stolz und Grösse der Nation» anknüpfen. Das Gedächtnis sei auch ein Spiegel der Selbsterkenntnis, der Reue und Veränderung.

Die Nation sei «kein heiliger Gral», der vor Befleckung und Entweihung zu retten sei, «sondern ein Verbund von Menschen, die sich auch an beschämende Episoden ihrer Geschichte erinnern und Verantwortung übernehmen für die ungeheuren Verbrechen, die in ihrem Namen begangen wurden». Identität entstehe nicht durch Leugnen, Ignorieren oder Vergessen. Es brauche «ein Erinnern, das Zurechnungsfähigkeit und Verantwortung ermöglicht und einen Wandel der Werte und des nationalen Selbstbildes stützt».

Mehr Solidarität in Europa

Von Europa forderten die Wissenschaftler eine globale Solidarität im Umgang mit ökonomischen und natürlichen Ressourcen - «damit es eine Zukunft nachfolgender Generationen überhaupt noch geben kann».

Europa müsse sich auch mit den Menschen solidarisieren, die durch Kriege, Not und Gewalt zur Flucht gezwungen seien. «Es kann nicht angehen, dass es eine neoliberale Freiheit für die Bewegung von Kapital, Gütern und Rohstoffen gibt, während Migranten an Grenzen festhängen und wir die Menschen, ihr Leid und ihre Zukunft vergessen», verlangten die Forscher weiter.

Die zentrale Frage sei nicht, «ob wir die Integration oder nicht, sondern wie wir sie schaffen». Das 71 und 80 Jahre alte Ehepaar wies darauf hin, dass Kulturen schon immer durchlässig gewesen seien.

Der Preis ist mit 25 000 Euro dotiert und wird seit 1950 traditionell zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse vergeben. Die Assmanns sind das zweite Ehepaar, das den renommierten Kulturpreis erhält. 1970 erhielten die beiden schwedischen Friedensforscher Alva und Gunnar Myrdal die Auszeichnung. Im vergangenen Jahr ging der Preis an die kanadische Autorin Margaret Atwood.

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