Der DFB will juristisch erwirken, dass Manuel Neuer an der WM 2022 in Katar mit Regenbogen-Binde auflaufen darf. Ein Sportrechtsexperte sieht keine Chance.
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DFB-Kapitän Manuel Neuer mit der «One Love»-Kapitänsbinde. - Christian Charisius/dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die FIFA verbietet der Schweiz und sechs anderen Ländern die «One Love»-Captainbinde.
  • Der DFB prüft darum rechtliche Schritte vor dem obersten Sportgericht.
  • Ein Sportrechtsexperte glaubt nicht, dass die Deutschen damit etwas erreichen.

Der Deutsche Fussballbund DFB und sechs weitere Fussballverbände, darunter die Schweiz, verzichten im ersten WM-Spiel zähneknirschend auf die Regenbogen-Captainbinde. Die Fifa hat die «One Love»-Botschaften an der WM 2022 in Katar verboten.

Der Austragungsort Katar gilt als besonders homophob. Zuletzt mussten auch Fussball-Fans an der WM immer wieder Regenbogen-Accessoires abgeben.

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Was im Testspiel gegen Ghana noch ging, ist an der WM 2022 nun verboten.
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Granit Xhaka darf am Donnerstag gegen Kamerun nicht mit der «One Love»-Binde auflaufen.
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Die Fifa begründet den Entscheid mit einer Übertretung gegen die Kleidungsvorschriften.
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Bei der Nati schüttelt man den Kopf.
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Man akzeptiere den Entscheid aber, weil man keine Sanktionen gegen Granit Xhaka in Kauf nehmen könne.

Die Deutschen kündeten nach dem Verbot an, zu prüfen, die Fifa vor den Internationalen Sportgerichtshof (CAS) zu ziehen. Der Antrag soll wenn möglich noch vor dem zweiten Spiel der Nationalmannschaft am 27. November erwirken, dass Manuel Neuer gegen Spanien mit seiner gewohnten «One Love»-Armbinde antreten darf.

Die farbigen Binden sind das Symbol einer Kampagne der Solidarität mit Homosexuellen und LGBTQ+. Einige Teams tragen sie schon seit Jahren.

Sanktionsandrohung möglicherweise «Nötigung»

Mit dem Antrag dürfte der DFB aber nicht viel erreichen, wie Sportrechtsexperte Urs Scherrer auf Anfrage von Nau.ch sagt: «Ich meine, dass hier keine Chance besteht, eine solche Autorisation vom CAS zu erwirken.»

Thema könne bei einer Klage am Internationalen Sportgerichtshof nur die Sanktionsandrohung als «Nötigung» der Fifa sein. Er sehe nicht, wie das zivilrechtlich beanstandet werden könnte und auf welcher Anspruchsgrundlage, so Scherrer weiter.

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Sportrechtsexperte Urs Scherrer glaubt nicht, dass die FIFA juristische Konsequenzen wegen dem Entscheid zu den Captain-Binden an der WM 2022 fürchten muss. - zVg

«Bemüht man Nötigung oder Sanktionsandrohungen, so steht höchstens der strafrechtliche Tatbestand der Nötigung (Art. 181 StGB) im Vordergrund», sagt Scherrer.

Heisst: Für die allfällige Nötigung wären die Strafverfolgungsbehörden zuständig. Die Fifa hat also kaum etwas vom Sportgerichtshof zu befürchten. «Sie könnte sich wohl darauf berufen, dass es für diese Androhungen durchaus Rechtfertigungsgründe gibt.»

Experte: WM 2022 «keine Plattform für Protest»

Sowieso betrachtet Scherrer rechtliche Schritte gegen die Fifa als «nicht zielführend». «Eine WM ist halt keine Plattform für politischen Protest oder für Manifestationen aller Art.»

Auch der DFB wisse seit 2010, dass die WM 2022 in Katar stattfindet. «Und der FC Bayern-München hält dort nota bene regelmässig Winter-Trainingslager ab.»

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Die Fifa bewege sich im Bereich der Verbandsautonomie und müsse einen geordneten sportlichen Ablauf der WM 2022 gewährleisten. Wenn der Fussball als Plattform für Aktionen genutzt werden soll, störe das den Betrieb und den Turnierablauf, glaubt Scherrer. «Die FIFA muss hier nicht mittun.»

«Zutiefst verwerflich, was da passiert ist»

Laut dem dänischen Verband hat die Fifa Bändeli-Trägern sogar mit mehr als nur gelben Karten gedroht. Bei einem dringenden Treffen habe sie klargemacht, dass eine Verwarnung das Mindeste sei, womit man rechnen müsste.

Der dänische Sportdirektor Peter Möller nannte das Verhalten des Weltverbandes «inakzeptabel». «Dänemark wird den derzeitigen Präsidenten nicht unterstützen. Wir müssen jetzt reagieren, und wir haben das Gefühl, dass wir das wirklich müssen. Es ist zutiefst verwerflich, was da zuletzt passiert ist.»

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