War Serbiens Präsident an «Menschen-Jagd» in Sarajewo beteiligt?
Reiche Ausländer sollen während der Belagerung Sarajevos auf Zivilisten geschossen haben. Ein Journalist will beweisen, dass auch Aleksandar Vučić dabei war.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Justiz ermittelt zu «Scharfschützen-Safaris» reicher Ausländer in Sarajevo.
- Serbiens Präsident Vučić gerät wegen möglicher Beteiligung ins Visier.
- Zeugen berichten, er sei an einem Schützenposten stationiert gewesen.
Die italienische Justiz ermittelt derzeit zu sogenannten «Scharfschützen-Safaris» während der Belagerung Sarajevos in den 1990er-Jahren: Mutmassliche Wochenendtrips reicher Ausländer, bei denen sie auf Zivilisten geschossen haben sollen.
Nun gerät auch Serbiens Präsident Aleksandar Vučić ins Visier. Laut der Nachrichtenagentur Ansa hat der kroatische Journalist Domagoj Margetić in Mailand Strafanzeige gegen ihn erstattet.
Der Vorwurf: Vučić soll 1992 und 1993 an einem Militärposten gewesen sein, von dem aus ausländische Schützen auf die Stadt feuerten.
Aufnahmen sollen Serben-Präsident mit Gewehr zeigen
Margetić beruft sich auf eigene Recherchen und Aussagen des serbischen Kommandeurs Slavko Aleksić. Unter diesem soll Vučić damals als Freiwilliger gedient haben.
Auch der italienische Schriftsteller Ezio Gavazzeni liefert laut Justizangaben Beweismaterial. Er beruft sich auf Informationen eines bosnischen Ex-Geheimdienstoffiziers.
Demzufolge sollen Italiener von Mailand, Turin und Triest aus nach Sarajevo gereist sein – unterstützt von Teilen der serbischen Armee.
Sie seien per Helikopter zu Scharfschützenstellungen rund um Sarajevo gebracht worden. Darunter auch der jüdische Friedhof – laut Margetić der «exklusivste Standort».
Ein Video soll Vučić mit einem Gewehr zeigen. Seine Sprecherin dementiert: Es handle sich um ein Kamerastativ. Die Aufnahmen seien zudem unscharf.
Auch alle weiteren Vorwürfe weist sie zurück. «Ein klassischer Fall von böswilliger Desinformation», erklärte sie. Vučić habe lediglich als Übersetzer und Journalist in Pale gearbeitet.
Ermittlungen wegen Mordvorwürfen an Zivilisten laufen
Der frühere italienische Diplomat Michael Giffoni sagte gegenüber der Zeitung «La Repubblica»: Ihm sei berichtet worden, dass «reiche Jäger und Geschäftsleute» während der Belagerung nach Sarajevo gebracht wurden.
Ein serbischer Paramilitär habe zudem ausgesagt, dass italienische und russische Schützen über Triest nach Bosnien gelangten. Dort hätten sie auf Zivilisten geschossen. Es soll also eine «Menschen-Jagd» für reiche Touristen stattgefunden haben.
Die Ermittlungen in Mailand laufen.
Die Belagerung von Sarajevo zählt zu den blutigsten Ereignissen im Bosnienkrieg. Sie dauerte von 1992 bis 1996 und forderte nach Schätzungen etwa 11'000 Todesopfer.



















