Russlands Wirtschaft ist gemäss IWF nicht so stark geschrumpft wie angenommen. Sind die erlassenen Sanktionen wegen des Ukraine-Kriegs ohne Wirkung?
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Putins Wirtschaft schwächelt weniger stark als angenommen. Reto Föllmi hat die Gründe dafür. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Der IWF schätzt, dass die russische Wirtschaft 2022 um 2,2 Prozent geschrumpft ist.
  • Dieses Ergebnis ist besser als zuvor angenommen.
  • Ökonomie-Professor Reto Föllmi ordnet ein.
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Die westlichen Sanktionen schwächen die russische Wirtschaft, ja lassen sie sogar zusammenbrechen. Das ist die Erzählung, die Sanktionspakete schnürende Politiker nur zu gerne hören.

Erst am Donnerstag bekräftigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen: Die Sanktionen würden Russland «um eine Generation zurückwerfen». Aber stimmt das auch?

Russische Wirtschaft schrumpft 2022 weniger stark als erwartet

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte der russischen Wirtschaft für 2022 einst einen Rückgang von 3,4 Prozent prognostiziert. Mittlerweile sehen die Zahlen aber etwas anders aus. Im jüngsten Bericht wurde dies auf –2,2 Prozent korrigiert.

Russland sei trotzdem deutlich hinter anderen Ländern zurückgeblieben, bekräftigt Reto Föllmi, HSG-Professor für Internationale Ökonomie, gegenüber Nau.ch.

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Der Internationale Währungsfonds (IWF) prognostizierte, dass die russische Wirtschaft 2022 um 3,4 Prozent schrumpen sollte. Im neusten Bericht zur Weltwirtschaft korrigierte die Organisation
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Grund dafür ist laut dem HSG-Professor Reto Föllmi mitunter die steigenden Öl- und Gaspreise. Diese hätten den Rückgang des russischen BIP gebremst.
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Der IWF prognostiziert der rusischen Wirtschaft künftiges Wachstum (2023: +0,3%, 2024: +2,4%). Andere Organisationen wie die OECD (–5,6%) oder die Weltbank (–2,3%) sehen die russische Wirtsc
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Die Daten für 2022 zeigen jedoch: Die Sanktionen wirken. Zudem gibt Föllmi zu bedenken, dass Sanktionen langfristig wirkten.

Dass die Entwicklung des russischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) besser ist als vorerst angenommen, liegt ihm zufolge an den Rohstoffpreisen. Das BIP sei wesentlich von ihnen abhängig. «Die steigenden Öl- und Gaspreise haben den Rückgang des BIP in Russland darum gebremst», so Föllmi.

Zudem wirkten gewissen Sanktionen immer erst langfristig. So etwa die tieferen Direktinvestitionen westlicher Firmen. Auch habe der russische Binnenmarkt infolge des Krieges wohl gelitten, was von aussen allerdings nur schwer zu überprüfen sei.

IWF prognostiziert Russland stärkeres Wachstum als Deutschland

Dieses Jahr soll die russische Wirtschaft laut IWF wieder leicht wachsen (+0,3 Prozent). 2024 geht's um 2,4 Prozent nach oben. Das sind bessere Prognosen als beispielsweise für Deutschland oder Grossbritannien.

Föllmi gibt hinsichtlich dieser Aussichten aber zu bedenken, dass andere Organisationen schlechtere Prognosen abgegeben hätten. Tatsächlich rechnet die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) damit, dass das russische BIP um 5,6 Prozent schrumpft.

Haben Sie Russland schon einmal als Tourist besucht?

Die Weltbank geht von –2,3 Prozent für 2023 aus. Aber: Der Wirtschaftseinbruch 2022 in Russland führt automatisch zu einem grösseren Potenzial für eine Erholung, wie Reto Föllmi erklärt.

Somit bleibt: Russland spürt die Auswirkungen der westlichen Sanktionen, auch wenn diese noch nicht ihre volle Wirkung erzielen. Erholt hat sich der russische Markt aber auch nicht. «Je nach Kriegsverlauf wird eine Erholung früher oder erst viel später stattfinden», so Föllmi.

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