Wladimir Putin hat im Ukraine-Krieg das Kriegsrecht in den vier annektierten Gebieten verhängt. Experten schätzen die Lage für die Zivilbevölkerung ein.
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Der russische Präsident Wladimir Putin hat im Ukraine-Krieg das Kriegsrecht verhängt. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Wladimir Putin verhängte in den vier annektierten ukrainischen Gebieten das Kriegsrecht.
  • Womöglich müssen Zivilisten bei einer Ukraine-Offensive nun gar für die Russen kämpfen.
  • Zudem kann Putin die Ukrainer nun legal vertreiben.
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Am Mittwoch hat Wladimir Putin in den vier kürzlich annektierten ukrainischen Gebieten das Kriegsrecht verhängt. Betroffen sind die Gebiete Luhansk, Donezk, Cherson und Saporischschja.

Der Unterschied zur bisherigen als «Spezialoperation» durchgeführten Kriegsführung: «Das Kriegsrecht schränkt die verfassungsmässigen Bürgerrechte und -freiheiten in den betroffenen Gebieten stark ein», erklärt Russland-Experte Ulrich Schmid gegenüber Nau.ch. «Die russischen Behörden haben durch das Kriegsrecht erhöhte Befugnisse.»

Doch was heisst das für die Bevölkerung der Gebiete?

Putin kann Menschen im Ukraine-Krieg jetzt legal vertreiben

Wladimir Putin kann die Ukrainer vor Ort ab sofort dazu zwingen, für ihn zu kämpfen. «Schon heute können Zivilisten mobilisiert werden. Allerdings müssten sie erst eine Ausbildung durchlaufen», ergänzt Schmid.

Auch eine Zwangsevakuierung kann der Kreml neu legal anordnen. «Mit dem Kriegsrecht könnten diejenigen, die nicht ausreisen wollen, dazu gezwungen werden», so der Russland-Experte. Jüngstes Beispiel im Ukraine-Krieg: Cherson. Dort wurden am Mittwoch bis zu 60'000 Zivilisten wegen einer ukrainischen Gegen-Offensive zur Ausreise aufgefordert.

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Unter anderem wurde das Kriegsrecht in Cherson verhängt. (Symbolbild)
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Auch in Luhansk, Donezk und Saporischschja gilt ab Donnerstag das Kriegsrecht. (Symbolbild)
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Zivilisten in den jeweiligen Gebieten könnten mobilisiert werden, wie Russland-Experte Ulrich Schmid auf Anfrage von Nau.ch erklärt. Im Bild: Ein russischer Reservist verabschiedet sich, bevor er in den Ukraine-Krieg eingezogen wird.
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Die ukrainischen Zivilisten dürfen bei geltendem Kriegsrecht im Ukraine-Krieg nur noch begrenzt ihr Haus verlassen, sagt Strategie- und Sicherheitsexperte gegenüber Nau.ch (Symbolbild)
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Stahel erachtet das Kriegsrecht in umkämpften Gebieten als sinnvoll. Im Bild: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj.

Daneben werde die Bevölkerung mit dem Kriegsrecht im Ukraine-Krieg «engmaschig kontrolliert», sagt Strategie- und Sicherheitsexperte Albert Stahel gegenüber Nau.ch. «Das Kriegsrecht ist sinnvoll in Gebieten, die durch die militärischen Operationen umkämpft sind.»

Das Kriegsrecht gilt ab Donnerstag, dann dürfen sich die Zivilisten im Gebiet nur noch eingeschränkt bewegen: «Ab einer bestimmten Uhrzeit darf man das Haus oder die Wohnung nicht mehr verlassen», erklärt Stahel.

Russen könnten verjagt werden

Doch warum hat sich Putin gerade jetzt zu diesem Schritt entschieden? Die Russen fühlen sich von der Ukraine wohl unter Druck: «Es besteht offenbar die Möglichkeit, dass die Russen aus diesem Gebiet verjagt werden», mutmasst Stahel.

Für Schmid lassen ebenfalls die jüngsten Äusserungen von Sergej Surowikin auf das verhängte Kriegsrecht schliessen. Noch am Dienstag habe der General von «sehr schwierigen Entscheidungen» gesprochen, die bevorstünden.

Befürchten Sie eine weitere Eskalation im Ukraine-Krieg?

Daran, dass wegen des Kriegsrechts andere Länder stärker in den Konflikt eingreifen, glaubt Schmid jedoch nicht: «Das wäre erst bei einem Atomwaffeneinsatz der Fall.»

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