1981 revolutionierte der TGV das Bahnreisen in Frankreich. Zehn Jahre zuvor schickte die Bundesbahn den ersten Intercity aufs Gleis. Das Netz an schnellen Zügen brachte ein Comeback im Wettbewerb mit Auto und dem Billigflieger. Wie geht es weiter?
Der Start des TGV in Frankreich 1981 revolutionierte das Bahnreisen, zehn Jahre vorher schon schickte die Bundesbahn den ersten Intercity aufs Gleis. Foto: Thomas Coex/AFP/dpa/Archivbild
Der Start des TGV in Frankreich 1981 revolutionierte das Bahnreisen, zehn Jahre vorher schon schickte die Bundesbahn den ersten Intercity aufs Gleis. Foto: Thomas Coex/AFP/dpa/Archivbild - dpa-infocom GmbH
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • In einer Zeit mit wachsendem Autobahnnetz und einer tempomässig abgeschlagenen Eisenbahn war der Start des TGV in Frankreich vor 40 Jahren eine Revolution: Als der «train à grand vitesse», der orangefarbene Schnellzug mit Tempo 300, am 22.

September 1981 den Verkehr zwischen Paris und Lyon aufnahm, rückten die rund 470 Kilometer entfernten Städte auf 2 Stunden und 40 Minuten Fahrzeit und heute nur noch zwei Stunden aneinander heran.

Die Flugverbindung wurde überflüssig. Dabei war in Deutschland bereits zehn Jahre früher am 26. September 1971 der Intercity an den Start gegangen, moderne Zügen verbanden die Grossstädte erstmals im Zwei-Stunden-Takt.

Mit dem Auto kam ein starker Konkurrent

Die Problemlage der Bahn war in beiden Ländern gleich: In den Nachkriegsjahren wurde das Auto für jedermann erschwinglich, Schnellstrassen machten immer mehr Regionen flott erreichbar, während vor etlichen Zügen lange noch Dampfloks schnauften. Zwar schickten die Bahnen in der Zeit mit dem Trans-Europ-Express (TEE) moderne neue Züge zwischen Europas Metropolen aufs Gleis. Diese aber führten nur Wagen erster Klasse und waren für das breite Publikum kaum eine Alternative zur neuen Freiheit des eigenen Autos. Auch der Intercity, der oftmals den klassischen D-Zug ablöste, hatte zunächst nur 1. Klasse-Wagen und war nichts für Menschen mit schmalem Portemonnaie.

«Jede Stunde, jede Klasse»

Die neuen windschnittigen Elektrolokomotiven, die für die Intercitys angeschafft wurden, wurden allerdings schnell zum neuen Flaggschiff der damaligen Bundesbahn und verhalfen ihr zu einem modernen Image. Ab 1979 hiess es für das Intercity-Netz dann «Jede Stunde, jede Klasse»: Die Züge führten fortan auch Wagen der zweiten Klasse und verbanden die westdeutschen Grossstädte im Stundentakt mit festen Umsteigemöglichkeiten. Berlin musste unterdessen noch bis zum Mauerfall auf die IC-Anbindung warten.

Frankreichs Aushängeschild

Der TGV wurde unterdessen zum Aushängeschild der Innovationskraft Frankreichs und galt Nachbarländern als Vorbild zum Bau eigener Hochgeschwindigkeitsstrecken. Denn mit dem Bau separater, neuer Bahntrassen für die schnellen Züge war Frankreich auch Deutschland voraus. Während hier zunächst nur auf einigen Abschnitten bestehender Strecken Tempo 200 erreicht wurde, setzten die Franzosen für ihr wachsendes TGV-Netz auf neue Trassen für Tempo 300 und mehr. Erst 1991 startete in Deutschland mit dem ICE ein Hochgeschwindigkeitszug, für den die ersten beiden Neubautrassen Hannover-Würzburg und Mannheim-Stuttgart geschaffen wurden.

Während Frankreich voll auf den Ausbau des TGV-Netzes mit einer Länge von inzwischen 2700 Kilometern und 180 angebundenen Städten setzte, diskutierte Deutschland noch Jahrzehnte über den Bau der Magnetschwebebahn Transrapid, mit bis zu Tempo 500 wäre sie noch schneller gewesen. Erst zwischen den Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn, dann von Berlin nach Hamburg, Düsseldorf nach Dortmund und zuletzt zum Münchner Flughafen sollte eine Linie gebaut werden, 2008 begrub Deutschland die Technik.

Hochgeschwind und CO2-frei unterwegs

Frankreich hat unterdessen mit dem TGV auch nach dem runden Jubiläum weiter grosse Pläne. Bei der Feier zum 40. im Pariser Gare de Lyon am vergangenen Freitag präsentierte Präsident Emmanuel Macron den künftigen TGV M. Dieser komme ab 2023 zum Einsatz, sei leichter zugänglich und digital vernetzt und obendrein auch ökologischer, pries ihn der Staatschef an. 6,5 Milliarden Euro wolle Frankreich in den Bau weiterer Hochgeschwindigkeitsstrecken investieren, damit die Landesteile dichter aneinander heranrücken und alle Franzosen CO2-frei unterwegs sein können. Noch angebunden werden sollen Toulouse, Perpignan und Nizza in Südfrankreich sowie die Normandie und auch eine Linie von Lyon ins italienische Turin ist in Planung.

Deutschland bietet Paroli

Was die Länge der schnellen Strecken angeht, kann Deutschland Frankreich inzwischen Paroli bieten: Auf 2700 Kilometern ist mindestens Tempo 200 drin, auf 1000 Kilometern wird 250 oder mehr gefahren. Dieses Hochgeschwindigkeitsnetz soll in den kommenden Jahren nochmal um 50 Prozent wachsen, teilte die DB mit. Dabei geht es etwa um die Strecken von Hannover nach Hamburg und Bielefeld, sowie von Fulda Richtung Frankfurt. Auch von Dresden nach Prag ist eine Schnellstrecke in Planung. Kurzstreckenflüge überflüssig machen und klimafreundlich unterwegs sein sind Argumente für den Ausbau.

«Wir bauen den grenzüberschreitenden Hochgeschwindigkeitsverkehr zusammen mit unseren Partnerbahnen in Europa konsequent weiter aus», sagte DB-Fernverkehrschef Michael Peterson. Dazu investiere die DB mit den anderen Bahnen in international einsetzbare Fahrzeuge. «So kommen etwa im Fahrplan 2024 neue, 230 km/h schnelle Züge zwischen Berlin und Amsterdam zum Einsatz, mit der sich die Fahrtzeit zwischen beiden Städten um rund 30 Minuten verkürzen wird.»

Und auch der Intercity, der vom Flaggschiff längst zum kleinen Bruder des ICE geworden ist, wird künftig auf weiteren Linien zum Einsatz kommen. Nachdem 2019 die neue IC-Linie Dresden-Berlin-Rostock an den Start ging, folgt nun im Dezember die Verbindung von Frankfurt/Main über Siegen nach Münster mit einzelnen Fahrten nach Norddeich.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

Emmanuel MacronFlughafenBahnEuro