Seit der Machtübernahme der Taliban fliehen Tausende Afghanen aus ihrem Land. Ein Ziel ist der Iran. Eine Hilfsorganisation lobt die Flüchtlingspolitik dort - trotz fehlender internationaler Hilfe.
Männer warten in einer Schlange, um bei einer vom Welternährungsprogramm (WFP) organisierten Geldverteilung Bargeld zu erhalten. Foto: Bram Janssen/AP/dpa
Männer warten in einer Schlange, um bei einer vom Welternährungsprogramm (WFP) organisierten Geldverteilung Bargeld zu erhalten. Foto: Bram Janssen/AP/dpa - dpa-infocom GmbH
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Täglich fliehen derzeit rund 4000 bis 5000 Afghanen vor den militant-islamistischen Taliban nach Angaben einer Hilfsorganisation in den Iran.

«Tausende von erschöpften Frauen, Kindern und Männern überqueren jeden Tag die Grenze von Afghanistan in den Iran auf der Suche nach Sicherheit», sagte der Generalsekretär des Norwegischen Flüchtlingsrat (NRC), Jan Egeland, am Mittwoch bei einem Besuch im Iran. Man könne nicht erwarten, dass der Iran so viele Afghanen aufnehme, wenn die internationale Gemeinschaft so wenig Unterstützung leiste.

«Die Hilfe muss sofort aufgestockt werden, sowohl innerhalb Afghanistans als auch in den Nachbarländern wie dem Iran, bevor die tödliche Winterkälte einbricht», sagte Egeland. Der Aufruf des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen zur Unterstützung von geschätzt 515.000 Afghanen, die bis Ende des Jahres in die Nachbarländer fliehen könnten, sieht laut NRC die Bereitstellung von fast 300 Millionen US-Dollar vor. Der Aufruf sei bisher nur zu 32 Prozent finanziert.

Mindestens 300.000 Afghanen in den Iran geflohen

Schätzungen zufolge sind seit der Machtübernahme durch die Taliban mindestens 300.000 Afghanen in den Iran eingereist. Im Iran leben den Angaben zufolge rund 3,6 Millionen Afghanen. Insgesamt sind knapp fünf Millionen Afghanen laut NRC ausserhalb des Landes auf der Flucht. Davon wurden 90 Prozent vom Iran und Pakistan aufgenommen.

Die Zahl der ankommenden Menschen steigt laut NRC weiter an. Dieser Trend könne sich noch verstärken, wenn der afghanische Winter komme. Auch wenn noch nicht viele afghanische Flüchtlinge nach Europa kämen, sollten die reichen Länder ihre Hilfe aufstocken und ihre Grenzen für Flüchtlinge offen halten, sagte Egeland.

Iran: «Eine der integrativsten Flüchtlingspolitiken der Welt»

Der Iran als eines der am stärksten von Covid-19 betroffenen Länder in der Region habe afghanische Flüchtlinge impfen lassen, berichtete der NRC. Afghanische Kinder könnten ungeachtet des rechtlichen Status ihrer Eltern in öffentliche Schulen gehen. «Dies ist ein Beispiel für eine der integrativsten Flüchtlingspolitiken der Welt.»

Die Taliban hatten im August noch vor dem geplanten Abzug westlicher Truppen die Macht in Afghanistan übernommen. Die von den USA angeführte westliche Militärallianz musste die Hauptstadt Kabul in einer chaotischen Evakuierungsmission verlassen.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

TalibanDollar