Die Taliban haben die afghanische Hauptstadt Kabul eingekesselt. Der Präsident kündigt eine Remobilisierung der Truppen an und hofft auf eine friedliche Lösung.
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Die Taliban haben in Afghanistan die Macht übernommen. - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Vormarsch der Taliban in Afghanistan nimmt immer drastischere Züge an.
  • Die noch unbesetzte Stadt Kabul gilt als letzte Bastion der afghanischen Truppen.
  • Die Lage hatte sich nach Abzug der Nato-Truppen rasant zugespitzt.

Die radikalislamischen Taliban haben die afghanische Hauptstadt Kabul weitgehend umstellt. Am Samstag lagerten Taliban-Kämpfer rund 50 Kilometer entfernt von der Hauptstadt. Nach dem Fall der zweit- und der drittgrössten Stadt des Landes ist Kabul de facto die letzte Bastion der Regierungstruppen. Anderswo leisten diese kaum oder gar keinen Widerstand.

Der afghanische Präsident Aschraf Ghani kündigte derweil eine «Remobilisierung» der Streitkräfte an. Dies habe «oberste Priorität», sagte er am Samstag in einer Fernsehansprache. Zudem liefen «Beratungen» mit politischen Verantwortungsträgern und internationalen Partnern über eine politische Lösung. Dies, um dem Land «Frieden und Stabilität» zu sichern, versicherte der Präsident.

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Aschraf Ghani, Präsident von Afghanistan, soll nach Usbekistan geflüchtet sein (Archivbild). - AFP

Berichte über heftige Kämpfe gab es aus dem nördlichen Masar-i-Scharif. Die Stadt ist das wirtschaftliche Zentrum der Region im Norden, die immer als Bollwerk gegen die Taliban galt. Die Bundeswehr hatte dort zuletzt ihr Lager. Der berüchtigte Kriegsherr Abdul Raschid Dostum hatte dort zuletzt seine Milizen versammelt.

Die einzigen anderen grösseren Städte, die noch nicht von den Taliban eingenommen wurden, waren Dschalalabad, Gardes und Chost. Mit heftigem Widerstand gegen die Islamisten wurde dort aber nicht gerechnet.

Nato-Truppen-Abzug mit Folgen

Seit Beginn des Nato-Truppen-Abzugs aus Afghanistan im Mai haben die Taliban weite Teile des Landes unter ihre Kontrolle gebracht. Seit Freitag vergangener Woche nahmen die Islamisten rund die Hälfte der 34 afghanischen Provinzhauptstädte ein. Darunter zuletzt auch die zweitgrösste Stadt Kandahar.

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Deutsche Soldaten in Afghanistan. (Symbolbild). - Keystone

Deutschland und andere Länder wie Grossbritannien und Spanien kündigten am Freitag die Ausreise von Botschaftspersonal an. Die USA sagten das Ausfliegen tausender Menschen täglich zu und veranlassten die Zerstörung sensiblen Materials in ihrer Botschaft in Kabul.

Aus Washington hiess es dennoch, Kabul befinde «sich im Moment nicht in einer unmittelbaren Bedrohungslage». Ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums räumte jedoch ein, dass «die Taliban-Kämpfer versuchen, die Stadt zu isolieren».

In Online-Netzwerken waren zahlreiche Fotos und Videos zu sehen, in denen Kämpfer der Islamisten mit erbeutetem Kriegsmaterial posierten. Den Aufständischen fielen demnach zahlreiche gepanzerte Fahrzeuge, schwere Waffen und andere hochwertige Ausrüstung in die Hände.

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