Mehr als jede zehnte Frau erleidet mindestens einmal in ihrem Leben eine Fehlgeburt.
Eine von zehn Frauen hat mindestens eine Fehlgeburt erlitten
Eine von zehn Frauen hat mindestens eine Fehlgeburt erlitten - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • «Viel zu lange heruntergespielt und oft nicht ernst genommen».
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Ein internationales Expertenteam hat am Dienstag einen Bericht in dem Fachmagazin «The Lancet» veröffentlicht, wonach sich die Zahl der weltweiten Fehlgeburten pro Jahr auf rund 23 Millionen beläuft. Das entspreche einer von sieben Schwangerschaften weltweit und rund «44 pro Minute». Die Forscher fordern eine bessere medizinische und psychologische Betreuung von Betroffenen und Risikopatientinnen.

Vermutlich sei die Zahl der tatsächlichen Fehlgeburten weltweit «wesentlich höher», weil nicht jeder Fall gemeldet werde, heisst es in dem Bericht. Rund zwei Prozent aller Frauen erleiden zwei Fehlgeburten, 0,7 Prozent der Frauen haben sogar drei Mal oder öfter ihr Baby verloren. Für schwarze Frauen sei das Risiko einer Fehlgeburt besonders hoch.

Insgesamt sei das Phänomen «viel zu lange heruntergespielt und oft nicht ernst genommen worden», kritisierten die 31 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die die Daten in drei Studien zusammentrugen, die für den Bericht zusammengefasst wurden. «Es reicht nicht mehr, den Frauen einfach zu sagen: Versucht es weiter», erklärten sie im Vorwort. Vor allem in psychologischer Hinsicht müsse es mehr Unterstützung für die Betroffenen geben.

Eine Fehlgeburt wird als Verlust eines Fötus vor der 20. bis 24. Schwangerschaftswoche definiert. Dem Bericht zufolge sind irrige Annahmen bezüglich Fehlgeburten weit verbreitet. So glaubten viele Frauen, dass eine Fehlgeburt durch die vorherige Anwendung von Verhütungsmittel verursacht werden könne und es keine effektive Therapie zur Vorbeugung von Fehlgeburten gebe. Solche Vorstellungen könnten bei Paaren dazu führen, dass sie sich schuldig fühlten oder ihren Kinderwunsch aufgäben.

Risikofaktoren für eine Fehlgeburt sind unter anderem genetische Veränderungen beim Fötus, das Alter der Mutter und, in geringerem Masse, das Alter des Vaters, starkes Über- oder Untergewicht, Alkohol, Tabak, Stress, Nachtarbeit sowie Luftverschmutzung oder Pestizide im Umfeld der Schwangeren.

«Auch wenn eine Fehlgeburt in den meisten Fällen nur einmal erlebt wird, bräuchte ein erheblicher Teil der Bevölkerung Behandlung und Unterstützung», erklärte Siobhan Quenby von der Universität Warwick, eine der Autorinnen des Berichts in «The Lancet». Stattdessen herrsche weiter Schweigen nicht nur bei betroffenen Frauen, sondern auch beim medizinischen Personal, politischen Entscheidungsträgern und bei der Forschungsfinanzierung.

Fehlgeburten könnten schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben, insbesondere für Frauen, die mehrmals ihr Baby verlieren, warnen die Forscher. «Wiederholte Fehlgeburten sind für die meisten Frauen eine verheerende Erfahrung, aber die Auswirkungen auf die psychische Gesundheit werden in der medizinischen Versorgung selten anerkannt oder angesprochen», sagte Co-Autor Arri Coomarasamy von der Universität Birmingham.

Frauen können demnach durch die Erfahrung auch traumatisiert werden. Den Wissenschaftlern zufolge besteht auch ein Zusammenhang mit Angstzuständen und Depressionen. Rund 20 Prozent der Frauen litten neun Monate nach einer Fehlgeburt zudem an einer posttraumatischen Belastungsstörung.

Die Verfasser empfehlen ein Mindestmass an Hilfe für die Betroffenen, vor allem psychologische Hilfe für das Paar und Beratung vor weiteren Schwangerschaften. Frauen, die mehrere Fehlgeburten erlitten haben, müsse umfassender geholfen werden.

In den vergangenen Monaten hatten das Model Chrissy Teigen und Prinz Harrys Ehefrau Meghan über ihre Fehlgeburten berichtet. Organisationen, die sich um Betroffene kümmern, hatten den Tabubruch begrüsst.

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