Nach neu aufgeflammter Gewalt im Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan um die Region Berg-Karabach hat Russland zur Deeskalation aufgerufen.
Aserbaidschanischer Soldat an  Kontrollposten in Fisuli
Aserbaidschanischer Soldat an Kontrollposten in Fisuli - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Drei Soldaten bei jüngsten Gefechten getötet.

«Wir sind äusserst besorgt wegen der Eskalation der Spannungen», erklärte am Donnerstag das Aussenministerium in Moskau. Bei den jüngsten Gefechten waren nach Angaben der Konfliktparteien insgesamt mindestens drei Soldaten getötet worden.

Russland appelliere an beide Seiten, «Zurückhaltung zu üben und den Waffenstillstand zu respektieren», erklärte das Aussenministerium in Moskau. Die russischen Friedenstruppen unternähmen «alle Anstrengungen, die Situation vor Ort zu stabilisieren».

Nach Angaben Aserbaidschans war auf eine Stellung seiner Armee im Bezirk Latschin, einer Pufferzone zwischen der armenischen Grenze und Berg-Karabach, das Feuer eröffnet worden. Dabei sei ein Soldat getötet worden.

Die aserbaidschanischen Streitkräfte starteten daraufhin nach eigenen Angaben einen Einsatz namens «Rache». Dieser richte sich gegen «terroristische Aktivitäten illegaler, bewaffneter armenischer Gruppen», hiess es. Bei dem Einsatz seien mehrere strategisch wichtige Gebiete erobert worden, teilten die aserbaidschanischen Streitkräfte am Mittwoch mit.

Die Armee von Berg-Karabach wiederum erklärte, zwei ihrer Soldaten seien bei aserbaidschanischen Angriffen getötet sowie 14 weitere verletzt worden.

Aserbaidschan und Armenien haben bereits zwei Kriege - in den 1990er Jahren und 2020 - um das mehrheitlich von Armeniern bewohnte Berg-Karabach geführt. Der armenische Regierungschef Nikol Paschinjan forderte am Donnerstag angesichts des jüngsten Gewaltausbruchs die in der Region stationierten russischen Truppen zum Handeln auf.

Armenien erwarte, dass «jeder Versuch», in das unter Kontrolle der russischen Friedenstruppen stehende Gebiet in Berg-Karabach einzudringen, von diesen «verhindert wird», sagte Paschinjan. Zugleich bekundete er aber Skepsis hinsichtlich der Rolle der russischen Friedenstruppen: Deren Rolle müsse «geklärt» werden, sagte er.

Der armenische Ministerpräsident prangerte «schwerwiegende, anhaltende Verletzungen» der Waffenstillstandsvereinbarungen und «ständigen physischen und psychologischen Terror» gegen die Bewohner Berg-Karabachs in Anwesenheit der Friedenstruppen an.

Die jüngsten Zwischenfälle könnten die von der Europäischen Union vermittelten Gespräche über einen Friedensvertrag erschweren, die seit mehreren Monaten zwischen Aserbaidschan und Armenien stattfinden. Die EU hatte am Mittwoch beide Seiten dazu aufgefordert, die Kämpfe sofort einzustellen und an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Auch die USA zeigten sich «zutiefst besorgt» über die neue Eskalation im Konflikt um Berg-Karabach. Der Sprecher des Aussenministeriums in Washington, Ned Price, drang auf «sofortige Schritte» zum Abbau der Spannungen.

Berg-Karabach hatte während des Zerfalls der Sowjetunion einseitig seine Unabhängigkeit erklärt. In dem darauf folgenden Krieg in den 90er Jahren wurden rund 30.000 Menschen getötet. Vor zwei Jahren entbrannte erneut ein Krieg um das Gebiet, der sechs Wochen dauerte und in dem 6500 Menschen getötet wurden.

Die Kämpfe im Herbst 2020 wurden durch ein von Russland vermitteltes Waffenstillstandsabkommen beendet. Dabei musste Armenien grosse Gebiete aufgeben. Beide Seiten werfen sich seither immer wieder vor, den Waffenstillstand zu verletzen.

Die selbsternannte Republik Berg-Karabach wird bis heute international nicht anerkannt und gilt völkerrechtlich als Teil Aserbaidschans.

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