Prozess um Zugunglück mit 80 Todesopfern in Spanien begonnen
Neun Jahre nach einem Zugunglück mit 80 Todesopfern und mehr als 140 Verletzten in Spanien stehen seit Mittwoch der Zugführer und der damalige Sicherheitschef des Schienennetzbetreibers vor Gericht.

Beiden wird fahrlässige Tötung vorgeworfen. Bei dem Unglück am 24. Juli 2013 war ein Zug nahe dem Pilgerort Santiago de Compostela in einer scharfen Kurve entgleist und gegen eine Begrenzungsmauer gekracht.
Der Hochgeschwindigkeitszug war zu dem Zeitpunkt mit 179 Stundenkilometern unterwegs und damit mehr als doppelt so schnell wie erlaubt. Ermittlern zufolge hatte der Zugführer kurz zuvor per Handy mit dem technischen Kontrolleur des Zuges telefoniert und zu spät die Notbremse betätigt.
Angehörige der Opfer werfen dem Schienennetzbetreiber Adif zudem das Fehlen eines automatischen Bremssystems und mangelnde Warnhinweise vor der Kurve vor. An dem Verfahren in Santiago de Compostela nehmen zahlreiche Hinterbliebene der Opfer teil.
«Wir sind müde, traurig und wütend, wir wollen, dass dieser Albtraum endlich aufhört», sagte María Ángeles Prado, die bei dem Unglück ihre 21-jährige Tochter und ihre Nichte verloren hatte. «Wir wollen endlich wissen, was alles schiefgelaufen ist.» Die beiden jungen Frauen seien damals unterwegs gewesen, um ein Feuerwerk anzuschauen: «Wir haben ihnen gesagt, 'nehmt den Zug, nicht das Auto', weil wir dachten, das wäre sicherer».
Die Staatsanwaltschaft fordert vier Jahre Haft für die beiden Angeklagten. Die Schadenersatz- und Schmerzensgeldforderungen der Hinterbliebenen belaufen sich auf insgesamt fast 58 Millionen Euro. In dem bis kommenden Februar angesetzten Verfahren sollen mehr als 600 Zeugen und Experten angehört werden.
Die Hinterbliebenen-Organisation Alvia 04155 beklagt, dass bisher nur der Zugführer um Entschuldigung für das Unglück gebeten hat. Tatsächlich seien auch der Schienennetzbetreiber und der Staat verantwortlich, die nicht für ausreichende Sicherheitsvorkehrungen gesorgt hätten.